Guten Tag,
eben erreichte mich eine E-Mail. Sie kommt von der Deutschen Bahn. Der Grund ist ziemlich offensichtlich, ich habe mich dort vor einigen Tagen beworben. In der E-Mail, besser noch, in einem PDF-Dokument stand, dass ich den Online-Test nicht bestanden hätte, und man mir, somit schlussfolgernd, "keinen Ausbildungsplatz in [meinem] gewünschten Tätigkeitsbereich anbieten" könne. Ich möchte folgend meine ganze Wut über diese dämlichen und völlig sinnlosen Online-Tests loswerden.
Der Online-Test
Eine ganz tolle Sache. Man tut sich mit einem Unternehmen zusammen, welches eine Software entwickelt hat, mit denen man Einstellungstests durchführen kann. Noch schnell ein paar knifflige Fragen, einen nicht machbaren Reaktionstest und, damit der Bewerber sich nicht zu sehr frustriert fühlt, ein paar Fragen zur Selbstbeurteilung entwickelt und ab die Luzi. Wir haben ein neues Bewerbungsverfahren. Dadurch brauchen wir nicht mal mehr persönlich mit dem Bewerber in Kontakt treten, wenn er auch nur vielleicht bei unserem Reaktionstest in unserem Hause durchfallen könnte, dann erfahren wir das ja durch den Online-Test, den dieser Bewerber dann ja auch nicht schaffen wird und wir brauchen nichts aufwenden, um den Bewerber zu betreuen (Vorstellungsgespräch, Betreuung bei Reaktionstest im eigenen Hause, ärztl. Untersuchung). Oh ja, das spart Kosten. Denn wir brauchen dann ja weniger Mitarbeiter. Der Produktionsfaktor Kapital ist teuer in Deutschland.
Meine Meinung: Wie bescheuert muss man eigentlich sein?! Es geht immer nur ums Geld. Alles muss günstig sein. Das soziale Miteinander beachten wir gar nicht mehr. Dieser Online-Test ist keine Verbesserung, sondern nur eine weitere Möglichkeit, um irgendwie noch mehr Kosten zu sparen. Was mich so sehr daran stört ist, dass man mittlerweile gar nicht mehr persönlich mit dem Bewerber in Kontakt tritt. So auch beispielsweise bei Siemens. Auch die wollen dem Bewerber einen Online-Test unterjubeln.
Dabei muss dieser Test niemals genau etwas über den Bewerber aussagen. Wer schafft es schon, in drei Sekunden unter 5 Zahlen die zweitgrößte zu ermitteln?! 20% von uns? Ich jedenfalls nicht. Sonst wäre ich vielleicht sogar angenommen worden. Oder wer bringt schon immer technisches Verständnis mit? Es kann ja sein, dass man gerne Lokführer werden würde, man sich aber bisher nur für wirtschaftliche Themen oder weniger für technische Themen interessiert hat. Auch in diesem Bereich wird man bei dem Online-Test völlig zunichte gemacht. Hier sei eines gesagt: Man kann sich technisches Verständnis noch aneignen und muss aufgrund dessen Fehlen nicht gleich die motiviertesten Bewerber aussortieren.
Zu mir: Seit meiner Kindheit will ich Lokführer werden. Ich weiß noch, wie ich bei meinem Vater darum gebettelt habe, dass er mit mir doch zum Bahnhof fährt, damit ich mir die n-Wagen anschauen kann. Ich habe immer Herz- und Pulsrasen bekommen, wenn ich an einer Bahnstrecke vorbei gekommen bin und wäre fast kurz vor einem Herzinfarkt gewesen, wenn da auch noch Dostos, Eurofimas, ICEs und ja, auch Güterzüge und so weiter und so fort vorbei gefahren sind. Natürlich ist das alles ziemlich übertrieben, aber zeigt meine Liebe zur Eisenbahn.
So etwas nenne ich hochmotiviert, wenn man völlig hinter etwas steht.
Und dass man so eine hohe Motivation mitbringt, findet man nicht in einem lächerlichen Online-Test heraus, sondern erfährt man, wenn man den Bewerber höchstpersönlich zu sich zu einem Vorstellungsgespräch einlädt.
Was ist aus unserem Staatskonzern geworden? Die DB ist nicht die Lufthansa, wobei ich auch hier noch vor dem Vorstellungsgespräch stattfindende Online-Tests verabscheue. Nicht, dass ich mich bei der Lufthansa beworben hätte oder bewerben wollen würde, aber das Beispiel passt fast genauso gut. Früher mussten die Lokführer auch keine Reaktionstests machen. Klar, man muss heute regelmäßig überprüfen, ob der Lokführer zum Fahren noch in der Lage ist, sprich Reaktionstest. Aber einem jungen Menschen ist doch wohl zuzumuten, dass er in der Lage ist, eine Lokomotive oder ein sonstiges Schienenfahrzeug zu fahren, zumindest dann, wenn dieser junge Mensch einen guten Realschulabschluss vorweisen kann.
Ich bin jedenfalls total frustriert. Mein Kindheitstraum, wird immer ein T R A U M bleiben. Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr ich für die Eisenbahn fiebere. So gerne hätte ich mal die BR423 in den Bahnhof Düsseldorf Flughafen Terminal gesteuert, wäre dann mit einem breiten grinsen zum anderen Führerstand gegangen und wäre dann wieder zurück gefahren. Wie gerne hätte ich mal den RE2 von Münster (Westf.) Hbf nach Düsseldorf Hbf gefahren, ich finde diese Linie richtig toll. Sie verkehrt einmal komplett durch das Ruhrgebiet. Wie gerne wäre ich mal in den Kölner Hauptbahnhof eingefahren. Wie gerne hätte ich die tausenden PS der BR146 unter mir gehabt und dabei natürlich diesen genialen Sound.
All das ist jetzt vorbei, wegen eines DÄMLICHEN Online-Tests.
Und ja, ich kenne auch sehr wohl die Nachteile dieses Berufs, damit braucht jetzt eigentlich keiner kommen. Pöbelnde Fahrgäste, kaputte Loks, volle Züge, verärgerte Fahrgäste, drohende Fahrgäste, Krankenhausbesuche, all das ist mir bekannt. Aber es macht den Beruf auch aus. Es kann aber längst nicht mit der ganzen Reihe an Vorteilen mithalten: Immer unterwegs sein, nachts die ganzen tollen Lichter sehen, die summenden Triebfahrzeuge (besonders die Loks), die Dostos, die BR422/423, freundliche Fahrgäste, neugierige Kinder, dankbare Fahrgäste.
Bleibt letztlich noch zu fragen, ob ich irgendwie noch die Möglichkeit habe, in den Führerstand eines Schienenfahrzeugs zu kommen, am besten natürlich dieses Schienenfahrzeug auch noch fahren zu dürfen. Am aller besten Personentransport, am aller aller besten natürlich im Ruhrgebiet.
Ich erlaube mir mal diesen Smiley
Traurige, aber trotzdem freundliche Grüße
-p530