Ein Plus lässt sich mit Sicherheit verzeichnen, aber nicht, ob dieses Plus auch nachhaltig ist.
Daran habe ich meine Zweifel. Es ist eher davon auszugehen, dass durch das Ticket zu einem nicht unerheblichen Teil Nachfrage induziert wird, also Fahrten gemacht werden, die es ansonsten nie (auch mit keinem anderen Verkehrsmittel) gegeben hätte. Im Hinblick auf die Umwelt hat man in einem solchen Fall nichts gewonnen.
Unser ÖPNV ist insbesondere in den Randbezirken eine Vollkatastrophe, daran ändert - wie gesagt - auch das 9 Euro Ticket nichts. Noch besser: Am Samstag wurde der Betrieb der S11 wegen Personalmangels ganztägig eingestellt. Solange solche Sachen passieren, kann ich über Begrifflichkeiten und Phänomene wie Verkehrswende und 9 Euro Ticket eigentlich nur schmunzeln.
Hinzu kommen auch noch die ganzen Baustellen. So waren/sind allein in diesem Monat schon linke Rheinstrecke (ohne Fahrzeitanpassung von RE 5 und RB 26 auf den eingleisigen Abschnitten, was zu Teilausfällen und massiven Verspätungen geführt hat), Rollbahn Recklinghausen-Münster und Knoten Altenbeken betroffen.
Personalmangel gibt es aber nicht nur bei den Tfs. Zuletzt waren die Stellwerke in Rheinhausen und Großkrotzenburg zeitweise nicht besetzt. Letzteres war besonders "toll", da der Verkehr Frankfurt-Würzburg so zwangsweise ab Hanau über die Kinzigtalbahn umgeleitet werden musste und auf die ohnehin schon durch Güterverkehr und umgeleitete ICEs überlastete Nord-Süd-Strecke (Vollsperrung SFS Fulda-Würzburg) bereits in Elm statt erst in Gemünden traf.
All das sind Dinge, die nicht gerade den Anreiz bieten, das Ticket für längere bzw. zeitsensible Fahrten zu nutzen. Solange der Preis so niedrig ist, wird der Ärger über Unregelmäßigkeiten geringer sein, aber nach dem 31.8. werden sich viele schon die Frage stellen, ob sie für die gleiche Leistung bereit sind, ein vielfaches zu zahlen. Die Tarifstruktur vieler Verkehrsverbünde ist so angelegt, dass man sie eigentlich nur das Bestrafungssystem für Seltenfahrer bezeichnen kann.