Richtiges Fahren/Bedienen einer Dampflok (aus RealLife) - Achtung! Viel Text!


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  • mit der BR 95 beschäftige ich mich derzeit in der Steigung... 60 Promille und hinauf damit. Allerdings habe ich nur die Simple Maschine dafür verwendet, alles andere ist mir dann doch zu hoch. Im Gefälle ist das bremsen mit der Lok ein wenig gewöhnungsbedürftig. Wie würdest du denn da heran gehen?

  • In Erinnerung an meine lange Jahre zurückliegende TS-Zeit, ist mir folgendes haften geblieben. Man nehme einen Algorithmus für den Betrieb einer Dampflok und stülpe einfach ein neues Aussehen darüber. So war ich damals in der Lage statt einer Gölsdorf-Lok eine DB-Maschine einzusetzen. Vereinfacht ausgedrückt, es war nun möglich einen 600 t schweren Zug mit einer Lok die nur 200 PS leistet die Arlbergrampe hoch zufahren.


    Das bringt mich auf den Gedanken, ob es heute im Grundsatz immer noch so abläuft. Dann kann doch ein geschickter in der Programmierung bewanderter Mitleser seine Lok richtig konzipieren. Die Loks haben alle unterschiedliche Rostgrößen, d.h. man kann nur eine bestimmte Menge an Brennstoff verfeuern. Eine BR 86 hat eine Rostfläche von 2,4 m² eine BR 52 hat dagegen 3,9 m² also deutlich mehr. Andere Kenngröße des Kessels spielen ebenfalls eine ganz einscheidende Rolle die Heiz-und Übertzerflächen . Auch hier gibt es große Unterschiede. Vereinfacht ausgedrückt würden diese Größe im Program im Algorithmus richtig eingesetzt, so würden die Lokomotiven die korrekten Dampfmengen liefern. Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß die Programmierer sich die Arbeit leicht gemacht haben und einfach die einmal festgelegte Rechen-Prozesse auch auf anderere größere und kleinere Loks übertragen. Wo man höchstens das Gewicht der Lok berücksichtigt. Das muß zu Unstimmigkeiten führen. Aber Vorsicht: Eine Reko 01.5 und eine Altbau 01 unterscheiden sich gewichtsmäßig nicht allzusehr. Aber ihre Kessel lieferten sehr unterschiedliche Dampfmengen. Ich setze mal nur die Extremewerte als (falsches) Beispiel ein. Der Altbaukessel lieferte nur 8 t Dampf in der Stunde wogegen der Ersatzkessel 12 t Dampf lieferte. Dies soll nur aufzeigen, daß auch grobe Vereinfachungen nicht immer die Sache leichter machen, weil der Teufel immer im Detail steckt.


    Dazu ein Beispiel aus der Praxis. Nach einer vorgegebenen Betriebszeit war es üblich bei den Lokomotiven die Rohre zu blasen, wie das Reinigen der Heizrohre mittels Druckluft und besonderen Bürsten genannt wurde. Druckluft umspülte Bürsten wurden mit bis zu 7 m langen Lanzen durch die Heizrohre geführt und der Ruß wurde restlos entfernt. Nach einer solchen Arbeit war die Lok top, aber die ausführende Manschaft sah vollkommen versaut aus. Kein Wunder, daß diese Arbeit extrem beliebt war. So manche Lok blieb vor allem zum Ende ihrer Dienstzeit in den 70ern auf der Strecke. Eine Rußschicht von 1mm Dicke setzt aber die Wärmeleitfähigkeit um 30 % herunter. Statt der erwarteten 10 t Dampf lieferte der Kessel nur noch 7 t. Allerdings hatten die Lokmanschaften, wenn sie diesen Mangel erkannten, einen Trick auf Lager. Wenn die Lok mit voller Anstrengung fuhr, ist der Saugzug durch das Feuer natürlich auch sehr hoch. Der Unterdruck in der Rauchkammer ist so stark, daß dem Heizer die Kohlen förmlich von der Schaufel geaugt wurden. Diesen Umstand nutzte er aus und nahm gelegentlich einige Schaufeln Bremssand. Dies schmirgelten die Rohre dann von innen blitzblank. Man sah das immer, wenn bei einer Lok, die mit weißem Dampf fuhr, dieser plötzlich für einen kleinen Augenblick richtig schwarz wurde. Natürlich war das verboten. Aber man erzählte es ja niemand. Da den Fachleuten in den Werkstätten diese unerlaubten Dinge nicht verborgen blieben, aber wen wollte man bestrafen, man hatte ja keine Planmanschaften mehr, so haben sie den Lok in schweren Diensten einen sogenannten Rußbläser eingebaut. Da wurde dann aus dem Kessel Dampf entnommen. der durch Düsen im Hinterkessel den Dampf in die Rohre blies. Das war zwar nicht ganz so effektvoll, aber immerhin. Vor allem die Loks mit Ölhauptfeuerrung, deren Rohre besonders schnell verrußten, profitierten von dieser Einrichtung.

  • ...
    Druckluft umspülte Bürsten wurden mit bis zu 7 m langen Lanzen durch die Heizrohre geführt und der Ruß wurde restlos entfernt. Nach einer solchen Arbeit war die Lok top, aber die ausführende Manschaft sah vollkommen versaut aus. .... Natürlich war das verboten. Aber man erzählte es ja niemand. ...

    Ich liebe es! *haumichweg*


    Die 01 hat dafür ein extra Ventil über der Feuerklappe. Man soll es nicht bei geöffneter Feuerklappe benutzen.

  • Das ist genau die von mir beschriebene Einrichtung:


    "...so haben sie den Lok in schweren Diensten einen sogenannten Rußbläser eingebaut. Da wurde dann aus dem Kessel Dampf entnommen. der durch Düsen im Hinterkessel den Dampf in die Rohre blies. Das war zwar nicht ganz so effektvoll, aber immerhin. Vor allem die Loks mit Ölhauptfeuerrung, deren Rohre besonders schnell verrußten, profitierten von dieser Einrichtung."


    Diese Einrichtung war aus Sicherheitgründen nur mit zwei Händen zu bedienen. Die eine Hand bediente den eigentlichen Bläser, während die andere Hand einen "Schalter" (Druckknopf) in einer Luftleitung bediente. Durch die Luftfreigabe wurde auf dem Kesselscheitel ein Ventil schlagartig geöffnet, was nun Dampf zum Rußbläser strömen ließ. Das Ventil auf dem Kesselscheitel ist bauartgleich mit dem sogenannten Abschlammeventil, daß sich an der tiefsten Kesselstelle befindet, um gebildeten Schlamm und salzhaltiges Wasser auszuschleusen. Da diese Ventile von der Fa. Gestra entwickelt wurden, bezeichnet man sie schlichtweg als Gestra-Ventile. Ein wenig googlen hilft weiter, denn die Firma existiert noch und fertigt diese Ventile, etwas verbessert, noch heute für stationäre Kessel.

  • mit der BR 95 beschäftige ich mich derzeit in der Steigung... ... Wie würdest du denn da heran gehen?

    Seit ich mit dem manuellen Heizer fahre, kommen mir alle Strecken viel "kürzer" vor, der Stress mach richtig Spass.
    Letztendlich muss man nur heizen (F und R+Shift) und aufs Wasser achten (O und L+Shift). Kesseldruck möglichst hoch, mit Dämpfer und Bläser arbeiten! Nur Speisen, wenn genug Dampf vorhanden ist. Streckenkenntnis ist unbedingt erforderlich, damit immer rechtzeitig Dampf genug da ist und man im Bahnhof nicht mit abblasendem Sicherheitsvebtil nervt. Der Simulator berechnet die Zeiten zur Dampferzeugung und zum -Verbrauch m.E. recht realistisch. Macht wirklich Spass, so zu fahren. Ach ja und Feuerklappe zu imTunnel...
    Empfehle aber zum Üben erstmal ruhige Strecken ohne PZB o.ä. (Altenburg Wildau oder Usedom oder Freiburg) und nen Güterzug.


    Habe gerade die Riggenbach-Gegendruckbremse mit der BR95 probiert. Lässt sich hervorragend bergab fahren, sehr feinfühlige Regelung. Die Anleitung ist ja am Kessel angeschlagen! Man kommt schon ins Schwitzen. Ich habe es auf der Strecke von Wildau bergab Richtung Köblitz probiert (leichtes Gefälle). (wichtig: Führerstandsbeleuchtung einschalten, ich bin wg. Wasser im Zylinder gescheitert, weil ich im Tunnel das Thermometer nicht mehr sehen konnte, Abriss des Schmierfilms)

  • So, ich möchte kein neues Thema aufmachen, deswegen Frage ich hier einfach. Welche Funktion erfüllen denn die drei kleinen Hebel rechts seitlich unter dem Fenster, von denen hier 2 beim Anfahren der Lok zueinender gedrückt werden? Zu sehen bei 3:35

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  • Das sind in der Tat mechanische Löseventile, getrennt für den Tender, Drehgestell und Treibräder (je nach Bauart).
    Man unterstützt damit das Lösen der Bremsen bzw. verringert den Bremszylinderdruck, gerade wenn ein Gleiten zu befürchten ist. Beim Anfahren und auch durchaus auch öfters während der Fahrt würde man also damit das Lösen beschleunigen bzw. sich womöglich schleichend einstellende, minimale Bremszylinderdrücke ins Freie leiten.
    Das Ganze erfolgt dann eben direkt und nicht über die bremsstellungswechselabhängigen Lösezeiten der Lok.
    Auch bei Altbaulokomotiven waren diese Löseventilev orhanden, bei neueren Loks dann über elektrisch mittels Taster angesteuerte Löseventile. Im Rangierdienst, wo oft große Massen nur über die Lok abgebremst wurden / werden, was mit entsprechend hohen Bremszylinderdrücken einherging, ein wichtiger Helfer, um Flachstellen zu vermeiden.

  • @eisenbahnfan110


    Habe mich da auch mal bei den Dampflokfreunden erkundigt, welche eine 01 in ihrer Flotte haben.


    Hier die Antwort, sie deckt sich mit denen von @FraPre


    Zitat aus der E-Mail:


    "das sind die Löseventile der Lokbremse.
    Diese werden kurz vor Abfahrt
    betätigt um sicherzustellen, dass auch die gesamte Lokbremse gelöst ist.



    ************************************Mit freundlichen Grüßen aus RottweilMichael Stumm, 2. VorsitzenderEisenbahnfreunde Zollernbahn e.V.


    Gruß
    Berliner079

    Einmal editiert, zuletzt von Berliner079 ()

  • Zum Umgang mit der Steuerung bei Dampfloks kenne ich folgende Rechsbahner-Faustregel: 80-Geschwindigkeit (für Güterzugloks, bei Schnellzugloks entsprechend Skalieren)
    heißt: Anfahren mit voll ausgelegter Steuerung, bei Tempo 40 halbe Auslegung und bei 80 auf ca. 20 - je nach Zuggewicht - zurücknehmen.


    Zum Thema der Leistungsfähigkeit der Loks angeht, habe ich zwar noch keine Daten zu BeeKays Loks weil ich die erst seit kurzem habe, aber mit der 52 und der 85 habe ich auf der Tharandter Rampe Probefahrten gemäß Schlepplasttafeln gemacht (manueller Heizer). Mein Fazit dazu: Leistung und Kessel der 52 sind realistisch, die Neigung zum Schleudern aber selbst bei trockenem Wetter deutlich zu groß.
    Die Zylinderleistung der 86 stimmt auch, aber der Kessel erschöpft meiner Meinung nach zu schnell - bzw. erholt sich nach nötigem Nachspeisen (ohne schafft man die etwa 12 km nicht) nicht mehr, auch mit Bläser und offenen Luftklappen.
    Da ich zur BR 03 (Reko) keine Daten habe, habe ich mich an Fahrten mit vorbildgerechten Garnituren versucht: Eine typische Leistung, zwei fünfteilige Doppelstockgliederzüge, schaffte ich von Leipzig bis Delitzsch nur mit Mühe und ohne über Tempo 100 zu kommen.


    @ BR 143: Am Besten den Zug nach Vorbildfotos oder Schlepplasttafel-Daten zusammenstellen und dann versuchen, die Geschwindigkeit zu halten - über KEsselmanometer oder F5 (Dampferzeugung und -verbrauch in Waage halten bzw. leichter Vorsprung für die Erzeugung, damit eine Reserve da ist, falls du Wasser speisen musst.


    p.S. fall jemand Schlepplasttalfen von 95 oder 38 besitzt, wäre ich dankbar für Infos dazu.

  • Ich bin erst jetzt darauf gestoßen, sag mal, wo kann man dir eine Tastatur spenden, falls du noch keine neue Tastatur hast oder geht dann alternativ auch ein Kaffee?
    Wirklich schöne Berichte und ich bin echt geneigt mir erstmals im TS die Dampfer anzuschauen nach deinen tollen Berichten in denen du sogar auf den TS eingehst!