Fachfrage Unfall Lok/Person


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  • Guten Abend Gemeinschaft:)


    Ich bin seit über 11 Jahren beim Rettungsdienst in Potsdam-Mittelmark tätig.
    In unmittelbarer Nähe zur Rettungswache ist eine Bahnstrecke die bei Suizidalen sehr beliebt ist.
    In den ganzen Jahren in denen wir dort tätig waren ist mir aufgefallen, dass der Lokführer immer in seinem Führerstand war.
    Muss er nach einem Unfall die Lok verlassen und nachschauen oder ist ihm das Verlassen des Führerstandes untersagt?
    Eine etwas eingenartige Frage aber das ist hier unter den Kollegen gerade Thema.


    Grüße aus Kloster Lehnin


    Jan

  • @Flusi115


    Also ich würde mal sagen, zu 99,99% steht der TF unter Schock, wenn er DAS mit bekommen hat.


    Auch weißt du ja nicht, ob er zwischenzeitlich mal geschaut hat, ob noch was zu retten ist.


    Ebenso befindet sich ja der Zugfunk usw. im Führerstand.


    Was bringt ihm das, bei den "verstorbenen" zu hocken, und sich da noch mehr Bilder aufzunehmen,
    die sich zusätzlich in seinen Gedächtnis einbrennen.


    @Fabian
    Sicher wird der TF, wenn er das bemerkt hat, oder schlimmsten falls, den "Kandidaten" noch erkannt hat,
    seine Absicht, eine Vollbremsung einleiten, quasi den Anker werfen.


    Es hat aber auch fälle gegeben (Ich glaube Leipzig war das), wo er nichts bemerkt hat,
    und da dann halt noch "Teile" an der Lok hingen, so das die Passagiere das schön sehen konnten.


    Und ob das wirklich zu hören ist, dieser dumpfe Aufprall, wenn er mit 200 auf LZB-Geführter Strecke ist,,,,,,,,


    Ich selbst habe mal gesehen, wie ein ICE bei 200 auf der Strecke nach HH nen Adler erwischt hat (Saß hinten in Wagen 14, war eine Kurve vor Wittenberge)
    Der Triebkopf und die Fenster sind ja sehr stabil, denn der Zug fuhr weiter und in Altona war halt der rote Fleck mit Federn drauf.

    2 Mal editiert, zuletzt von Berliner079 ()

  • Meines Wissens wird dem Lokführer in einem derartigen Fall vorgeschrieben, sobald der Zug steht, abzusteigen und nach dem Opfer zu sehen, allein um rechtlich eine unterlassene Hilfeleistung auszuschließen.


    Im realen Leben schaut das natürlich ganz anders aus. Erst mal ist den meisten Lokführern sofort klar, dass dem Opfer nicht mehr geholfen werden kann, die wissen schließlich was dort für Kräfte walten.


    Der andere Aspekt, mit dem du wohl ebenfalls vertraut bist, ist die psychische Belastung. Auch wenn es vorgeschrieben ist, wird Niemand einem Lokführer ein schlechtes Wort nachsagen, weil er sich den Anblick lieber ersparen möchte. Ich habe auch schon von Lokführern gelesen, die nach so einem Unfall so geschockt waren, dass sie nicht mehr in der Lage waren sich überhaupt zu bewegen, bis das Personal eintraf.

    Nichts bewegt Dich, wie eine Drehstromlok Dampfstromlok.

  • Unterlassene Hilfeleistung, wenn man sich sowas nicht ansehen möchte?


    Was ist das, was derjenige mit dem Lokführer damit macht?


    Das interessiert wieder niemanden. *nixda*

  • Dem Lokführer wird bezüglich der Hilfeleistung nur vorgeschrieben, wie er sich betrieblich zu verhalten hat. Wenn sich ein Selbstmörder entschliesst, wird der Tf nicht noch absteigen, um sich mit dem Anblick einen "Schock fürs Leben zu holen" - wenn er den nicht ohnehin hat, bzw. um Hilfe zu leisten, wo eigentlich keine erwünscht war.


    Der Lokführer leitet alle betrieblich notwendigen Maßnahmen ein, welche indirekt (über Fdl) auch die Verständigkung des Rettungsdienstes beinhalten, und fertig! Damit hat er seiner gesetzlichen Pflicht zur Hilfeleistung Rechnung getragen.
    Handelt es sich hingegen um einen Unfall, z.B. ein Arbeiter am Gleis oder ein spielendes Kind sieht das sicher ganz anders aus, bleibt aber immer noch in der Entscheidung des Tf, wobei das letztere (Kind) schon der Super Gau wäre.
    Die, welche sich da mit Absicht ins Gleis stellen, wissen gar nicht, was sie dem Menschen dort auf dem Führerstand antun, der i.d.R. nichts mehr machen kann, was rechtezitig den Zusammenprall verhindert, und hilflos zusehen, zuhören und "fühlen" muss!
    Die am Unfallort eintreffenden Ärzte sollten sich bei einem Suizid vornehmlich um den Mitarbeiter an der Spitze des Zuges kümmern, denn je nach Lage sitzt der dort eine gefühlte Ewigkeit allein, irgendwo in der Pampa, mit zweifelhaften Schuldgefühlen, der Ungewissheit, einer ggf. blutbespritzen Frontscheibe und womöglich gar einem Déjà-vu.

  • Es kommt ganz klar auf die Situation an...


    Bei einem Volltreffer ist dir kein Mensch böse wenn du den Fst. nicht verlassen willst um nachzusehen und die wenigsten machen das, anders sieht es aus wenn die Chance besteht das die Person "nur" angefahren wurde,
    in diesem Fall gilt das gleiche wie im Straßenverkehr, man sollte möglichst Erste Hilfe leisten. Hauptprio ist nach Stillstand des Zuges zu allererst mir (Fdl) via Notruf bescheid zu geben damit ich alles weitere veranlassen kann.


    In den leider nicht wenigen Fällen die ich bisher hatte blieb der Tf meistens im Fst. bis die ersten Helfer vorort waren, alleine schon um erreichbar zu bleiben...

    Einmal editiert, zuletzt von GAST ()

  • @Jason Wie ich bereits schrieb, gibt es diese Vorschrift vermutlich lediglich, weil es sie durch die Rechtsnorm der unterlassenen Hilfeleistung geben muss. Gesetz ist Gesetz, völlig egal, wer wem was antut.


    Der TE hat ja explizit nach jenen Vorschriften gefragt.

    Nichts bewegt Dich, wie eine Drehstromlok Dampfstromlok.

    Einmal editiert, zuletzt von Lorenzo ()

  • Bei uns bei der S-Bahn ist es z.B so das durch absetzen des Nothaltauftrages und des Notrufes die erste Hilfe geleistet ist und man nicht mehr absteigen muss.

    "Der Eisenbahner hat sich mit der für den Eisenbahnbetriebsdienst notwendigen Raschheit, jedoch ohne Überstürzung und ohne übertriebene Hast zu bewegen."

    vermutlich aus der Reichsbahnvorschrift von 1920





  • Ob der Fst verlassen werden muss, kann oder darf kommt auf die Vorgabe vom Unternehmen an. Wie Jodler bereits schrieb wird das alleinige Absetzen des Notrufes auch schon als "Erste Hilfe" angesehen.


    Hier wird bspw. auf die Anweisung vom Fahrdienstleiter gewartet und kommuniziert, dass in einem solchen (speziellen?) Fall keine Rechtsgrundlage für die Erste Hilfe vorhanden sei.

  • Bei uns bei der S-Bahn ist es z.B so das durch absetzen des Nothaltauftrages und des Notrufes die erste Hilfe geleistet ist und man nicht mehr absteigen muss.

    Meiner Meinung nach hat ein unter Schock stehender Tf auch erstmal nichts auf den Gleisen zu suchen. Immerhin könnte es noch Gegenverkehr geben. Lebensgefährlich! Die Rechtslage würde mich aber auch mal interessieren.

  • Genau deswegen wird ja der Nothaltauftrag abgesetzt, mit diesem müssen alle Züge im Umkreis sofort anhalten.

    "Der Eisenbahner hat sich mit der für den Eisenbahnbetriebsdienst notwendigen Raschheit, jedoch ohne Überstürzung und ohne übertriebene Hast zu bewegen."

    vermutlich aus der Reichsbahnvorschrift von 1920





  • @Jason


    § 323c Strafgesetzbuch Deutschland


    Unterlassene Hilfeleistung; Behinderung von hilfeleistenden Personen


    (1) Wer bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder Not nicht Hilfe leistet, obwohl dies erforderlich und ihm den Umständen nach zuzumuten, insbesondere ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

  • Unterlassene Hilfeleistung, wenn man sich sowas nicht ansehen möchte?

    Ja mit dieser Ansicht ,müsste man auch bei jeden schweren Autounfall nicht anhalten und den Verletzten helfen.
    Denn es könnten ja dort auch abgequeschte Körperteile und Tote herumliegen.
    Das wäre dann aber richtigerweise "Unterlassene Hilfeleistung".