Ich fange mit meiner Geschichte ein halbes Jahr vor dem Mauerfall an. Ich war 22 Jahr jung. Meine damalige Frau hatte Verwandschaft in der ehemaligen DDR bei Bernburg. Wir wurden zur Jugendweihe eingeladen. Damals mussten Visa beantragt werden um in den Sozialistischen Staat einreisen zu dürfen. Gesagt getan.
Am 15.04.1989 war es dann soweit. Wir machten uns auf dem Weg nach Bernburg. Ich fuhr damals einen Opel Kadett D in braunmetallic mit goldenen Streifen. Das war das Sondermodell Corsa.
Es war meine erste Reise in die damalige DDR. An der Grenze in Helmstedt angekommen, wurde man von allen Seiten, Türmen usw. beobachtet. Es gab Transitspuren für Leute die nach West Berlin wollten. Diese wurden schneller abgefertigt als jene, die direkt in die DDR wollten. Ich weis heute nicht mehr wie groß die Grenzanlage in Helmstedt war, sie war sehr groß. Da meinte man endlich fertig zu sein, nein! Dann ging die Grenze erst richtig los. Aussteigen, Anmelden (Personenzahl nennen), 25 DM Eintrittsgeld pro Person bezahlt, Wagenkontrolle, Passkontrolle (ich glaube das waren insgesamt drei). Der Pass wurde einem ja eh weggenommen. Dieser lief über Förderbänder von einer zur nächsten Station. Am Ende bekam man ihn wieder.
Über die herablassende Art an der Grenze möchte ich nich hier nicht äußern. Nach der Grenzkontrolle, die 1,5 Stunden gedauert hat, fuhren wir nun endlich in die DDR. Uff, war ich in einer Zeitmaschiene??? Ich kam mich um 50 Jahre zurückversetzt vor. Einschusslöcher aus dem zweiten Weltkrieg in den Häuserfronten, alles grau in grau. Der süßliche Geruch des Zweitakters lag permanent in der Luft. Das war schon harter Tobak. In Bernburg angekommen, mussten wir zur örtlichen Polizeistation, um uns an.- und abzumelden. Dort fragte mich der Polizist, wo ich denn die Grenze überschritten habe? Ich sagte, Helmstedt! Kenn ich nicht, antwortete der Polizist. Wo sind sie über die Grenze gefahren? Der Ton wurde lauter....! Ich sagte HELMSTEDT!!! Die Antwort des Polizisten habe ich mir bis heute gemerkt: Helmstedt gibt es nicht! Bei uns heißt das Marienborn! Ich antwortete etwas angesäuert: Bei uns heißt es Helmstedt. Er stempelte den Reisepass ab und ich ging meines Weges.
Es wurden schöne 3 Tage. Nette Menschen kennegelernt und viel gefeiert. Nur während der Vereidigung der Jugendweihe mussten wir Westdeutsche dann den Raum verlassen. Damit man diesen Unsinn nicht mitbekommt. Der Lautsprecher war jedoch so laut, dass man es auch draußen verstand. Der Kasten Bier bestand aus braunen und grünen Flaschen, je nachdem welche gerade da waren. War schon witzig...! Unser Gastvater wollte unbedingt mal eine Runde mit meinem Kadett fahren zum Bier holen. Ich sagte klar, wenn ich mal Trabi fahren darf. Gesagt getan. Der Trabi war besser bei den Straßenverhältnissen dort. Er flog über die Schlaglöcher...!
Nach drei schönen Tagen fuhren wir wieder nach Hause. Ich sagte zu meiner damaligen Frau schon. So nett wie die Leute sind, dieses System kann sich so lange nicht mehr halten. Da war schon einiges im Argen.
Sechs Monate später im Fernsehen dann den Mauerfall mitbekommen. Ich hatte zum Glück Urlaub und bin nicht vom Fernseher weggekommen. Ich hatte Tränen in den Augen.
Wenn man es nicht selber mitbekommen hat, weis man nicht wovon man redet.
Ich habe meinen Teil des Reisepasses bis heute behalten! Ich hoffe, dieser Wahnsinn kommt nie wieder!
