http://rail-sim.de/wiki/index.php/%C3%9Cberh%C3%B6hung
Um den oben verlinkten Beitrag geht es. Ich bin zwar kein registrierter Wiki-Autor doch möchte ich gerne diese dort genannten Inhalte verbessern. So wird im Artikel mit der maximal zulässig einbaubaren Überhöhung für ein Gleis mit Schotterbett gerechnet (160mm), bei einer Entwurfsgeschwindigkeit von 100km/h und einem Überhöhungsfehlbetrag von 100mm. Mal ganz davon abgesehen, dass die Bezeichnung der Variablen in den Gleichungen sehr irreführend sind, möchte ich vor allem ergänzen wie man zu den Werten für die eingebaute Überhöhung (Ureg) und dem daraus folgenden Überhöhungsfehlbetrag (Uf) kommt.
Gerne mache ich es auch an einem konkreten Beispiel fest:
V = 40km/h, r = 190m, klassische Entwurfsgrößen für die kleinste und wohl wichtigste Weiche, in Bahnhöfen oder auf Nebenstrecken auch nicht selten eine wichtige Größe zwecks Trassierung
Rein formal könnte ich für die Entwurfsgeschwindigkeit von 40km/h mir einen minimalen Radius von 65m ausrechnen. Dem zugrunde liegt folgende Formel (die so auch im Wiki bereits steht):
- rmin = 11,8 * [V²/(Umax,reg + Umax,f)] mit Umax,reg = 160mm und Umax,f = 130mm
für Radien über 650m würde übrigens auch Umax,f = 150mm verwendet werden dürfen
Und die dort errechneten Werte sind wirklich mit großer Vorsicht zu genießen! 80km/h bei einem Radius, den man bei Weichen für 50km/h nutzt, sollte man mit Vorsicht behandeln
Allerdings dürfte jedem klar sein, dass ein Radius von 65m eher auf einer Landstraße als auf einer Eisenbahnstrecke zu finden sein dürfte. Leider habe ich für den Mindestradius auf der freien Strecke keine Angaben gefunden, bzw. sie sind mir nicht bekannt, aber für Weichen sind die Radien bei den Geschwindigkeiten bekannt! Also rechne ich hier im folgenden mit einem Mindestradius von 190m. Vielleicht komme ich ja noch an nähere Informationen diesbezüglich, aber das steht noch in den Sternen!
Die eigentlich notwendige Überhöhung lässt sich so berechnen:
- U0 = 11,8 * (V² / r) , mit den Werten von oben erhalte ich ein Ergebnis von ~100mm
Eingebauen tut man diese 100mm aber nicht komplett, sondern es werden in diesem Fall nur ~55mm eingebaut. Darauf komme ich über:
- Ureg = 6,5 * (V² / r)
Diesen Wert kann ich nun für die Berechnung des Winkels nutzen, der mir die Überhöhung angibt. Diesen würde ich dann auch so in die TrackRule eintragen - Stichwort "MaxCantAngleDegrees". Andernfalls hat man eine TrackRule für 40km/h mit doch eindeutig zu stark geneigten Gleisen
Also noch kurz das ganze eingesetzt in die Berechnung für den Winkel (rein geometrische Beziehung)
- a = arc tan (Ureg / 1435) --> ~2,2°
Wie lang nun der Übergangsbogen sein muss, ist von mehreren Kriterien abhängig. Noch als Hinweis - in der Regel ist zwischen zwei entgegengesetzten gekrümmten Bögen mindestens ein 6m langes gerades Gleis angeordnet. Ich möchte jetzt gar nicht groß darauf eingehen, welchen Hintergrund die Kriterien haben... wichtig ist, dass man beide ausrechnet und dann daraus den höchsten Wert nimmt. Dieser ist dann die Länge des Übergangsbogens und entspräche somit der "MaxSpeedTolerance". Definitiv eine genauere Variante als die angegebene Variante mit der Wurzel. An dieser Stelle noch der Hinweis - wird in der Trackrule nun die Länge der Überhöhungsrampe (also dem ansteigenden Ast der Schiene) oder des Übergangsbogens angegeben? Ich würde ja eher auf letzteres tippen...
- Lr = 10 * V * (Ureg / 1000)
- Ls = 4 * V * (Uf / 1000) ,Uf = U0 - Ureg
Lr wäre hier 22m, und Ls wären 7,2m. Davon muss der größere der beiden genommen werden. --> Lreg = eingebaute Länge --> 22m
Um nun noch den Anstieg der Überhöhungsrampe errechnen zu können muss man erst einmal die im TS umgesetzte Variante kennen. Im realen wird eigentlich nur das bogenäußere Gleis angehoben. Im TS wird jedoch das bogenäußere Gleis angehoben und das bogeninnere Gleis abgesenkt. Das Gleis wird also "verwunden". Unsere theoretisch ausgerechnete Überhöhung Ureg wird also halbiert und im Bogenäußeren dazu gerechnet, während es im bogeninneren abgezogen wird. Der Wert "CurveToAnglePercent" gibt letztlich an, wie stark die Überhöhung auf die Länge des Übergangsbogens zunimmt. Rein vom theoertischen her macht deshalb die im Wiki angegebene Formel keinen Sinn. Was hat die Spurweite und der Radius mit dem Anstieg der eingebauten Überhöhung im Übergangsbogen zu tun? Genau - nichts. Grob herunter gebrochen würde ich eher folgende Formel verwenden:
- Anstieg A = (Ureg / 2000) / Lreg ,die 2000 im Bruch kommt aus der Einheitenbetrachtung!
Für A ließe sich dann hier ein Wert von 0,125% errechnen. Der Wert ist sehr klein, daher frage ich mich inwiefern dort eventuell die Werte in Promille oder Prozent eingetragen werden sollen in der TrackRule.
Das waren jetzt sehr lange und ausführliche Ausführungen zu der Thematik. Es gibt ja einige im Forum, die ebenfalls sehr viel Ahnung von der Thematik haben... vielleicht lesen sich diese Personen das mal durch und geben mir mal eine Rückmeldung ob das so passt oder nicht? Einen Großteil der verwendeten und angegebenen Formeln findet man übrigens in der Fachliteratur, weshalb ich auf die genauen Herleitungen hier verzichte. Teils sind dies auch empirische Erfahrungen aus den Jahrhunderten der Ingenieurkunst.
Ich teste jetzt erst einmal eine Trackrule mit den errechneten Werten und werde die Erfahrungen mit dieser hier noch einfließen lassen. Dazu aber erst später mehr, denn für die Berechnungen braucht es dann doch so seine Zeit! Hier sei erwähnt, man wird natürlich auch immer so planen können, dass man immer die maximal mögliche Überhöhung einbaut. In dem aufgeführten Beispiel würde das halt nur zu zu stark überhöhten Kurven führen, weshalb ich das einmal ausführlich aufgedröselt und entschärft habe.
vg 143er,
Moritz