Rivet Games gab unseren Newsautoren fizzbin und Nina die Chancen, die neuste Strecke für Train Sim World 2 für Euch zu testen.
Inhalt
Rivet Games hat nun die zweite Strecke für Train Sim World 2 veröffentlicht. Dabei handelt es sich um das „Arosa Linie: Chur – Arosa Route Add-On“, welches seit 25. März 2021 wahlweise im Shop von Rivet Games oder im Steamshop erhältlich ist.
Bei der Arosalinie (oder auch Arosabahn) handelt es sich um eine knapp 26km lange Schmalspurstrecke im Schweizer Kanton Graubünden. Zwischen den beiden Endpunkten Chur und Arosa überwindet die Bahnstrecke über 1000m Höhenunterschied. Die Strecke zeichnet sich durch eine Steigung von 60 Promille, engen Kurvenradien und zahlreichen Kunstbauten wie Viadukte und Tunnel aus. Ein besonderes Highlight ist das Langwieser Viadukt mit einer Höhe von 62m und der Abschnitt zwischen dem Bahnhofsvorplatz Chur und Chur Sand, der den Charakter einer Straßenbahn aufweist.
Bildquelle: Handbuch
Nebst der Umsetzung der Strecke für Train Sim World 2 beinhaltet das Add-On auch Rollmaterial in Form der RhB Ge 4/4 II Lokomotive, EW-1-Personenwagen inklusive Gepäckwagen, sowie einen SP-W-Holzwagen. Ferner die für TSW typischen Szenarien, Fahrplan-Modus und Trainingsmodule. Doch zu alldem später mehr.
Strecke
Die Strecke wurde im Grunde recht schön gestaltet, zumindest was die nähere Umgebung der Gleisstrecke betrifft. So bietet sich dem Spieler ein stimmiges Bild beginnend von den größeren Bahnhöfen Chur und Arosa bis hin zu den kleinen Bahnhof-Chalets entlang der Strecke. Besonders deren Gestaltung überzeugt, da hier auch auf die vorhandenen Sprüche an den Gebäuden geachtet wurde.
Der Wiedererkennungswert ist sehr gut auch wenn das ein oder andere Gebäude nicht ganz der Realität entspricht. Gut erkennbar sind aber der Bahnhofsvorplatz von Chur, die Ortsdurchfahrt, die Sport- und Kongresshalle in Arosa und die Talstation der Weisshornbahn. Bei der Weisshornbahn sucht man allerdings Tragseil und Stützmasten vergeblich.
In Chur ist aus betrieblicher Sicht hervorzuheben, dass sich Zug und Autos die Straße teilen. Die KI-Autos nehmen netterweise auch Rücksicht und halten am Kreisverkehr an, wenn man sich diesem nähert. Trotz umgesetztem Autoverkehr fehlt dieser noch an der einen oder anderen Straße. Fehlende umherlaufende Passanten würden dem noch immer etwas zu sterilen Eindruck des TSW zusätzlich Leben einhauchen.
Die Fahrt durch das Plessurtal, teils weit oberhalb des Talbodens, wirkt definitiv beeindruckend. Gekrönt wird dies durch die Überfahrt auf dem Langwieser Viadukt. Trotz eines Simulators könnte es hier dem ein oder anderen schwindelig werden.
Für die Umsetzung einer Alpenbahn ist das Gesamtbild einer Landschaft nicht unwesentlich. Eingangs erwähnt ist die Gestaltung in Streckennähe durchaus gut. Aber leider kann man bei der Darstellung der entfernteren Berglandschaft nicht davon reden. Hier sind im Wesentlichen 3 Hauptgründe zu nennen:
Punkt 1: Der Einsatz von Felsobjekten wirkt zwar löblich, in der Entfernung wirken diese an den Bergen aber eher unrealistisch und fehlplatziert. Teilweise wirkt der Maßstab falsch, da es einfach nach einem großen Felsklumpen wirkt der an einen Berg platziert wurde.
Punkt 2: Die Bäume wurden mit relativ großen Abständen an den Berghängen platziert. Auch unter Berücksichtigung der natürlichen Baumgrenze: Die Darstellung eines richtigen Waldes fehlt somit an vielen Bereichen der Berghänge.
Punkt 3: durch die lichte Begrünung der Berge überwiegt die großflächig eingesetzte grüne Bodentextur. Um den zusätzlichen Eindruck von „Wald“ zu erzeugen wäre möglicherwiese mehr Varianz bei der Wahl von Bodentexturen von Vorteil gewesen. So beispielsweise eine dunklere Textur für Waldgebiete und auch mehr Gesteinstexturen zur Darstellung von Felsen und Murbahnen.
Angesichts dieser 3 Punkte muss leider gesagt werden, dass die Gestaltung des Alpenpanoramas eher einen schlechten Eindruck hinterlässt und weit hinter dem zurückliegt was bei der gleichen Strecke für den Train Simulator umgesetzt wurde.
Trotz diesem starkgewichtigem negativen Punkt gibt es aber dennoch etwas positives: Die winterliche Darstellung der Strecke UND des Bergpanoramas kann im Gegensatz durchaus überzeugen.
Im Übrigen bietet sich dem Spieler die Möglichkeit in Arosa um den gesamten Obersee herumzulaufen. Eine willkommene Abwechslung sich mal die „Beine zu vertreten“, den Ort etwas zu erkunden und dabei auch ein paar Sammelobjekte zu entdecken. Nur schade, dass der Spieler nicht auch um das ein oder andere Bahnhofs-Chalet auf der restlichen Strecke herumlaufen kann.
Bahntechnik
Die Streckenführung ist hinsichtlich Steigung und einer Vielzahl Kurven fordernd. Trotz fehlender Kurvenüberhöhung ist aber kein Nachteil zu spüren und Steigungsübergänge wurden sauber ausgeführt.
Bei Durchfahrten in Bahnhöfen wie in Luen-Castiel oder Langwies, tritt jedoch ein sehr unschönes Phänomen auf: angehängte Wagen zerren sehr stark an der Lok, beziehungsweise an den Kupplungen. Auch bei Einhalten der Streckengeschwindigkeit kann es zu einer Entgleisung führen. Generell sei hier das Fahren mit einer sehr deutlich reduzierten Geschwindigkeit dringend angeraten. Ob dies nun am Gleisbau (zu plötzlicher Kurvenwechsel) oder an dem Rollmaterial (zu großer Achsenabstand) liegt ist ungewiss.
Eine Neuerung ist die Haltewunsch-Funktion die als Fahrgast im Zug oder am Bahnsteig betätigt werden kann. Der Zugführer bekommt im Führerstand bzw. an einem Signal vor der Station das Zeichen, das ein Halt gewünscht wird. Ob ein Haltewunsch auch auftritt, ohne dass eine entsprechende Taste betätigt wird, konnte während des Testen nicht beobachtet werden.
Signale scheinen größtenteils einwandfrei zu funktionieren. Es sollte aber beachtet werden, dass ein eventuelles Rotsignal am Ende eines Bahnsteiggleises erst auf Freifahrt umschaltet, wenn nach einem Passagierwechsel die Türen wieder geschlossen wurden. Daneben wurde in einem Szenario ein Signal beobachtet, dass auf Dauer-Rot blieb trotz einer Freigabeanforderung und keinem erkennbaren KI-Zug. Das Sicherheitssystem ZS90 wurde zwar umgesetzt, verhielt sich während des Testens aber eher fragwürdig. So trat mal ein ZS-Alarm auf, obwohl kein Stopp zu erwarten war (Signale auf grün), andere Male trat kein Alarm auf, obwohl ein Haltesignal auftrat.
Rollmaterial
RhB GE 4/4 II
Die GE 4/4 II-Elektrolokomotive ist insgesamt gut gelungen. Besonders das Modell wirkt sehr stimmig und scheint mit viel Liebe zum Detail gemacht worden zu sein. Die Texturen von zum Beispiel Aufklebern und Aufschriften sind scharf, die Materialeinstellungen sind ebenfalls gut gelungen. Beispielsweise glänzt die Lok nicht zu stark in der Sonne oder ist viel zu matt. Der Lokkasten ist mit einigen Verwitterungsdetails und Schmutz ausgestattet, dadurch wirkt er nicht künstlich oder wie neu.
Begehbar ist neben dem Führerstand ebenfalls der Maschinenraum. Eine nette Beigabe, da dies in nur wenigen Fahrzeugen in Train Sim World möglich ist.
Die Fahrphysik ist – neben den schon erwähnten Entgleisungen – in Ordnung und akzeptabel. Das Beschleunigungs- und Bremsverhalten der Lok ist realistisch und überzeugend. Der Sound der Lokomotive wirkt ebenfalls in Ordnung und ist nicht schlecht.
RhB EW-I-Wagen
Als Wagenpark werden die Einheitswagen I mitgeliefert. Diese sind – wie auch schon die GE 4/4 II – gut modelliert und sehen schön aus. Hier sind auch wieder die Aufkleber alle scharf, der Innenraum ist ebenfalls voller Details und Kleinigkeiten.
Man kann in den Wagen neben den Türen auch die Fenster öffnen oder die Jalousien herunterlassen. Ebenfalls ein schönes Detail.
Jedoch endet es beim schönen Aussehen. Die Sounds für die Wagen wurden fast vollständig aus schon vorhanden Aufnahmen aufgebaut. Das markanteste Geräusch hier sind die Fahrsounds, welche von den standard Train Sim World US-Güterwagen kommen. Es klingt gar nicht stimmig und sehr falsch. Hier hätte man sich viel mehr Mühe geben sollen, denn die echten Einheitswagen klingen komplett anders. Ebenfalls sind die Sounds beim Fahren viel zu laut und es fehlt ein Kurvenquietschen beim Fahren um enge Kurven, was nicht gerade selten auf der Strecke vorkommt.
RhB SP-W-Holzwagen
Diese Wagen sehen auch schön aus. Aufschriften am Wagenkasten sind auch hier lesbar. Leider verwenden diese Wagen auch die Güterwagensounds, wobei sie hier immerhin nicht komplett fehl am Platz wirken.
Szenarien
Bei den Szenarien hat man sich etwas Mühe gegeben. Sie wirken insgesamt abwechslungsreich und nicht einfach wie Fahrplanfahrten. Es gibt zwei volle Fahrten – von Nord nach Süd und andersrum. Bei zwei anderen Szenarien liefert man Holz mit den Holzwagen aus; einmal von Chur nach Langwies und wieder zurück. Das letzte Szenario ist eine Sonderfahrt zum Langwies Viadukt von Chur aus.
Der Fahrplanmodus ist leider nicht sehr gelungen. Er besteht nur aus Passagierfahrten zwischen Chur und Arosa, sowie die Richtungswechsel an beiden Termini. Güterfahrten fehlen komplett, was sehr schade für die Abwechslung ist. Die Holzwagen werden somit nur in den beiden Szenarien verwendet.
Ein weiteres großes Problem mit dem Fahrplanmodus ist, dass man die Fahrzeiten anscheinend falsch berechnet hat. Man ist in fast jedem Falle verspätet, selbst KI-Züge können den Fahrplan nicht halten. Ebenfalls wird man beispielsweise auf Ausweichgleise geleitet, obwohl man auf keinen Gegenzug warten muss.
Auch wäre es schön gewesen, wenn man das Haltewunsch-Feature in den Fahrplanmodus oder in Szenarien integriert hätte.
Fazit und Bewertung
Die Arosalinie ist prinzipiell eine schöne Idee, jedoch nicht gut in Train Sim World umgesetzt worden. Die für die Berglandschaft bekannte Strecke hat weniger schöne Berge, dafür aber schön aussehendes Rollmaterial. Der Sound dessen könnte auch besser sein. Auch der Fahrplanmodus hat noch Luft nach oben. Insgesamt würden wir die Strecke für Train Simulator eher empfehlen als für Train Sim World 2.
Potenzial: Auswahl, Streckenlänge, Möglichkeiten
+ International bekannte Bahnstrecke + Akzeptable Länge ~ Gleiche Strecke wie in Train Simulator |
8 / 10 Punkten |
Gestaltung
+ Hoher Wiedererkennungswert + Schöne Bahnhofsgestaltung – Schlechte Gestaltung der Berge |
4 / 10 Punkten |
Bahntechnik
+ Gleisbau gut gelungen ~ Signalsystem funktioniert halbwegs – Plötzliche Entgleisungen |
5 / 10 Punkten |
Rollmaterial
+ Rollmaterial sieht insgesamt sehr gut aus + Funktionsreich detailliert und Physik gut – Schlechte Sounds |
5 / 10 Punkten |
Szenarien und Fahrplanmodus
+ Abwechslungsreiche Szenarien ~ Fahrplanmodus funktioniert nur teilweise |
5 / 10 Punkten |
Für dieses Add-On vergeben wir 5 von 10 Punkten.
Vergleich zu anderen Add-Ons für Train Sim World:
Links
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Das Add-On kostet zum Normalpreis 29,99€
Bildquelle: Steam