Eine neue Strecke für Train Sim World, die Hauptstrecke des Ruhrgebiets zwischen Bochum und Duisburg, ist vor kurzem erschienen. News-Autor ‚blk11‘ hat sich das Add-On genau angesehen und bewertet.
Inhalt
Das Add-On beinhaltet die etwa 34 Kilometer lange Hauptstrecke zwischen Bochum und Duisburg, sowohl über Wattenscheid-Höntrop (genutzt von der S-Bahn) als auch über den direkten Weg (genutzt von allen übrigen Verkehren).
Neben dem bereits aus dem Add-On ‚Rhein-Ruhr Ost‘ bekannten Triebzug ET 422 der S-Bahn Rhein-Ruhr fand nun auch der Triebzug ET 425, als einziges neues Fahrzeug in diesem Add-On, den Weg in das Spiel.
Für den Einstieg sorgen eine kurze Einführung in die Strecke selbst und ein Tutorial für die Bedienung beider Triebzüge. Für Fahrspaß sorgen sollen fünf Szenarien sowie ein Fahrplan-Modus für die gesamte Strecke, der über 24 Stunden reicht.
Wer das Add-On ‚Main-Spessart-Bahn‘ besitzt, kann mit dem dort enthaltenen Rollmaterial zusätzliche Fahrten im Fahrplan-Modus absolvieren.
Strecke
Ich bin seit kleinauf sehr häufig auf dieser Strecke unterwegs, sowohl mit den Zügen des Regionalverkehrs, als auch mit der S-Bahn.
Der Wiedererkennungswert ist das zentrale Problem dieses Add-Ons. Ich hatte beim Fahren und Erkunden mit der freien Kamera teilweise wirkliche Probleme beim Erkennen markanter Orte entlang der Strecke.
Während die ländlichen Gebiete um Wattenscheid hervorragend gelungen sind und auch Essen-Frohnhausen und Duisburg ziemlich gut aussehen, wirken andere Teile der Strecke viel zu weit entfernt von der Realität.
So fehlt es an mancher Stelle an ‚Landmarks‘: der Schriftzug ‚Bermuda3eck‘ und die Brauerei in Bochum oder auch größte Teile der Essener Skyline. Die Hochhäuser in der Mülheimer Innenstadt sehen nicht ansatzweise so aus, wie in Wirklichkeit.
Andere Stellen, vor allem im Stadtgebiet Essen, sehen viel zu grün aus: die gesamte Essener Innenstadt wirkt wie die einer Kleinstadt, da dort keine passenden Gebäude verbaut wurden. Auch Essen-Kray ist in Wirklichkeit dichter besiedelt. Hier kommt leider die Atmosphäre des Ruhrgebiets als Metropolregion mit all seinen Kontrasten zwischen Stadt und Land überhaupt nicht durch.
Neben den fehlenden Gebäuden tragen auch die wenig detailreiche Umsetzung der meisten Bahnhöfe und Haltepunkte entlang der Strecke zur fehlenden Atmosphäre bei. Da wären zum einen die falsche Höhe der Bahnsteige an den meisten S-Bahn-Stationen (76cm statt den eigentlichen 96cm), die fehlenden Abgänge zum östlichen Gang am Essener Hauptbahnhof und die allgemein unrealistische und unpassende Umsetzung aller Gänge und Unterführungen. In Essen-Eiberg finden sich Bahnsteigdächer – die gab es dort nie. Die Halle des Duisburger Hauptbahnhofes ist zwar gut umgesetzt, aber die Bahnsteigdächer im östlichen Teil des Bahnhofes sind nicht korrekt umgesetzt (und auch hier fehlen die Abgänge am östlichen Bahnsteigende).
Dazu kommen einige instabil wirkende Brücken, von denen so manche in der Realität eigentlich eine Betonbrücke ist. Im Bereich Essen-Kray Süd sind Lärmschutzwände aus Beton, wo eigentlich normale, grüne Lärmschutzwände stehen müssten.
Details sind an manchen Stellen vorhanden, an vielen anderen jedoch nicht. Zwischen den Gleispaaren auf den Vorfeldern der Hauptbahnhöfe liegen teilweise Kabeltrommeln – das wirkt unpassend.
Bei der Ausgestaltung der Strecke wurden somit enorme Mengen an Potenzial liegen gelassen – Schade!
Bahntechnik
Dieses Add-On glänzt mit einem gut gelungenen Gleisbau – wunderbar!
Die Signale an sich funktionieren meist so, wie sie sollten, allerdings begegnete in Bochum einem mir ‚Halt erwarten‘ zeigenden Vorsignal, obwohl das dortige Einfahrsignal aber zu dem Zeitpunkt nicht ‚Halt‘, sondern bereits nur noch ‚Halt erwarten‘ zeigte.
Die PZB verursacht Zwangsbremsungen ohne erkennbaren Grund, teils mehrfach hintereinander und ohne, dass sie einem mitteilt, was genau gerade überwacht wurde (was die Zwangsbremsungen unverständlich werden lässt). So wird der Fahrspaß leider massiv gestört, weshalb ich mich nach meinen ersten Fahrten dazu entschied, die PZB ausgeschaltet zu lassen.
Die allermeisten Tafeln (meist Geschwindigkeitsbeschränkungen) wurden passend aufgestellt. Wenn man allerdings ohne Streckenmonitor/HUD unterwegs ist, sucht man beim Einfahren in Stationen vergeblich nach Orientierung, um den Zug, gemessen an seiner Länge, an der richtigen Stelle zum Stehen zu bringen: Haltetafeln fehlen nämlich in den meisten Fällen.
Die Oberleitung ist, wie auch bereits in allen voran gegangenen deutschen TSW-Add-Ons, ein weiterer großer Kritikpunkt. Wieder einmal sind unpassende Ausleger verbaut, manche Konstruktionen wirken viel zu instabil und auch die Komplexität eines Oberleitungssystems kommt wieder nicht durch. Außerdem finden sich in einigen Kurven zu wenige Masten, was dazu führt, dass der Stromabnehmer teilweise keinen Kontakt mehr zum Fahrdraht hat.
Rollmaterial: Baureihe 422
Dieser Triebzug der S-Bahn Rhein-Ruhr ist bereits aus dem Add-On ‚Rhein-Ruhr Ost‘ bekannt. Er verhält sich beinahe genauso, wie man ihn schon kannte: Fahrphysik sehr glaubwürdig, Sound ist der selbe und auch optisch macht das Fahrzeug einiges her.
Im Vergleich zum ET 425 jedoch verblasst der Sound ein wenig: im 425er kommen hohe Geschwindigkeiten gut rüber, beim 422er jedoch nicht. Der Vergleich schadet damit leider dem Gesamteindruck.
Rollmaterial: Baureihe 425
Die Umsetzung dieser Baureihe ist der größte Pluspunkt an diesem Add-On.
Das Modell ist wirklich gut gelungen, sowohl außen, als auch innen. Das einzige, was mir hier negativ aufgefallen ist, ist die Sonneneinstrahlung im Führerstand, die eigentlich nicht vorhanden sein dürfte. Hierdurch reflektiert das Sonnenlicht auf den Amaturen und so wird es teilweise unmöglich, an den Rundinstrumenten etwas abzulesen.
Die Fahrphysik ist auch, wie bereits beim 422er, glaubwürdig. Allerdings kann man, sofern man nicht LZB-geführt mit einem 425er unterwegs ist, 145 km/h nicht überschreiten – die PZB würde sich in so einem Fall zu Wort melden und den Zug auf unter 140 km/h bremsen. In Train Sim World tut sie das leider nicht. Hier wäre also noch eine Möglichkeit für mehr Realismus gewesen.
Der Sound des realen Vorbilds ist nahezu berühmt – und ist in Train Sim World eins zu eins wiedergegeben worden. Großartige Arbeit, was will man mehr?
Fahrplan-Modus
Mit dem enthaltenen Rollmaterial ist man im Regionalverkehr mit dem ET 425 auf Zügen der Linien RE 11 zwischen Bochum und Duisburg und RB 33 zwischen Duisburg und Essen unterwegs. Der ET 422 kommt auf allen enthaltenen S-Bahn-Fahrten zum Einsatz. Fahrbar sind Züge der S 1 zwischen Bochum und Duisburg und der S 3 zwischen Essen-Steele Ost und Mülheim-Styrum.
Wer das Add-On ‚Main-Spessart-Bahn‘ besitzt, kann zusätzlich mit der enthaltenen Doppelstock-Garnitur, geschoben oder gezogen von einer BR 146.2, Züge der RegionalExpress-Linien 1 und 6 (beide zwischen Bochum und Duisburg) sowie 2 (zwischen Essen und Duisburg) fahren. Die BR 185 kommt auch zum Einsatz, vor Güterzügen.
Dem Fahrplan-Modus mangelt es leider an Komplexität. So fehlen Fahrten vom und zum Betriebswerk Essen. Auch die Taktzeiten stimmen nicht mit einem gewöhnlichen Wochentagsfahrplan der Realität überein: so fährt die S 1 teils nur halbstündlich zwischen Bochum und Essen (nach aktuellem Fahrplan eigentlich viertelstündlich) und die RE-Leistungen für Doppelstockwagen verkehren teils nur alle zwei Stunden (in der Realität jeweils stündlich).
Vor allem an den Knotenpunkten Essen und Duisburg fehlt es an Leben. In Essen ist niemals eine S 6 oder S 9 zu sehen und in Duisburg kein Verkehr von und nach Oberhausen. Zum Fahren vermisst man außerdem noch den RE 42 (zwischen Essen und Duisburg) sowie RE 16 und RB 40 (zwischen Bochum und Essen) – auch wenn hier in der Realität andere Fahrzeuge zum Einsatz kommen, hätte man in TSW den 425er dort einsetzen können – das wäre lediglich eine Mischung verschiedener Fahrplanjahre.
Güterverkehr findet auf der realen Strecke nur im äußerst begrenzten Maße statt, da schließlich nach Regional- und Fernverkehr kaum noch Platz für Güterzüge ist. Man hätte den Güterverkehr auf nachts beschränken können, das wäre etwas glaubwürdiger gewesen.
Szenarien
Die Szenarien orientieren sich leider viel zu sehr am Fahrplan-Modus, sodass eigentlich nicht wirklich Abwechslung geboten wird.
In mehreren Szenarien fährt man einen ET 425 auf der S 1, was in der Realität nicht vorkommt – hier wäre eigentlich eine Erklärung gut gewesen, in der z.B. von einem Ersatzzug die Rede sein könnte.
Auch hier wird also leider einiges an Potenzial liegen gelassen. Es hätten sich bspw. Umleitungen von Regionalzügen über die S-Bahn-Strecke, Betriebsstörungen und Verspätungen als Ideen angeboten, die dem Spieler eine wirkliche Herausforderung und Abwechslung vom im Fahrplan-Modus dargestellten Alltag geben würden.
Sonstiges
Im Folgenden noch zwei Gedanken, die in keinen der anderen Punkte so richtig hineinpassen wollten.
Duisburg als westlicher Endpunkt der Strecke ist sehr sinnvoll gewählt. Bochum als östlicher Endpunkt jedoch nicht, denn es ergeben sich Fahrzeiten von unter einer Dreiviertelstunde, was zwar kurzweilig, jedoch etwas wenig ist im Vergleich zu anderen Strecken in Train Sim World. Dortmund hätte als östlicher Endpunkt (aus betrieblicher Sicht) mehr Sinn ergeben und hätte mehr Abwechslung geboten, auch (und vor allem) für die S-Bahn.
Dem Add-On fehlt der Fernverkehr, der auf der realen Strecke (im Verhältnis) sehr häufig anzutreffen ist. Dies soll allerdings kein Kritikpunkt sein und nimmt auf die Wertung keinen Einfluss; denn was momentan noch nicht ist, kann ja noch werden.
Fazit
Dieses Add-On hat großes Potenzial, das jedoch momentan durch die oftmals wenig realistische Gestaltung der Stationen und der Szenerie, die Kürze der Strecke und durch die fehlende Tiefe der enthaltenen Fahrpläne verschenkt wird. Auch Fehler in der bahntechnischen Umsetzung stören das Gesamtbild dieses Add-Ons leider massiv.
Müsste ich das Add-On auf einer Skala von 1 (geringe Qualität) bis 10 (hohe Qualität) bewerten, so würde ich 2,5 von 10 möglichen Punkten vergeben.
- Gleisbau
- Umsetzung der mitgelieferten Triebzüge (besonders ET 425)
- Umsetzung der Signalisierung/Tafeln
- Wenige Details auf freier Strecke, andere Details unpassend
- An vielen Punkten geringer Wiedererkennungswert
- Ausgestaltung der Stationen: oft zu wenige Details
- Atmosphäre einer Metropolregion fehlt durch Verwendung unpassender Gebäude
- Einige fehlende ‚Landmarks‘, darunter Skyline von Essen
- Bugs bei der PZB
- Umsetzung der Oberleitung
- Fahrplan-Modus hat zu geringe Tiefe
- Szenarien zu sehr am Fahrplan-Modus orientiert und zu unrealistisch
Vergleich zu anderen Strecken-Add-Ons für Train Sim World
– Great Western Express (8/10)
– Rapid Transit (5/10)
– NEC New York (3/10)
– West Somerset Railway (5/10)
– Ruhr-Sieg Nord (8/10)
– Long Island Railroad (5/10)
– Northern Trans-Pennine (5/10)
– Main-Spessart Bahn (7/10)
– Tees Valley Line (8/10)
– Peninsula Corridor (8/10)
– Rhein-Ruhr Ost (7/10)
– East Coastway (8/10)
Link zum Shop
Das Add-On kostet zum Normalpreis 29,99 €.
(Bildquelle: Steam-Shop)