Am 26. Juni 2024 kam die Diesellokomotive DB BR 218 für den Train Sim World 4 heraus, entwickelt von Train Sim Germany. Doch wie wurde dieser deutsche Diesellokklassiker umgesetzt? Kommt der Charme einer alten Bundesbahn-Lokomotive auch digital gut rüber? Dovetail Games gab unserem News-Autor mijos3 die Möglichkeit, das Add-On zu testen.
Inhalt
Fahrzeugmaterial
Das Add-On zur DB BR 218 enthält keineswegs nur die Lokomotive selbst. Neben ihr werden die bereits aus Strecken wie Bremen-Oldenburg oder Mainz-Koblenz bekannten n-Wagen sowie ein Steuerwagen der Bauart Karlsruher Kopf mitgeliefert. Dieser unterscheidet sich von den bereits im Spiel befindlichen darin, dass das Fahrpult im Führerstand für den Dieselbetrieb ausgelegt ist. Die DB BR 218 entstammt der 4. Serie und ist mit einem TB11-Motor motorisiert. Alle mitgelieferten Fahrzeuge sind im bahntypischen verkehrsrot lackiert.
Fahrplanfahrten, Szenarien & Tutorials
Hauptstrecke Hamburg-Lübeck
Auf der Hauptstrecke Hamburg-Lübeck werden diverse Fahrten mit der DB BR 218 bzw. den n-Wagen- und Doppelstocksteuerwagen mitgeliefert. Es gibt dabei 29 Fahrten mit der DB BR 218, dabei 18 im Personenverkehr auf den Linien RE 83 bzw. RE 85 und elf Fahrten im Güterverkehr. Zusätzlich gibt es 17 Fahrten mit dem n-Wagen Steuerwagen Bnrdzf 463.0 und drei mit dem Doppelstock-Steuerwagen DBpbzfa 766.2 (jeweils mit der DB BR 218 als Schublok). Für die DB BR 218 werden vier Szenarien mitgeliefert, diese sind alle ca. eine Stunde lang und umfassen verschiedene Aufgabenbereiche. Vom Fahren eines normalen REs bei schwierigen Wetterbedingungen oder mit straffem Fahrplan bis hin zum Abschleppen eines liegengebliebenen Zuges. Für die beiden Steuerwägen sind keine Szenarien vorhanden. Die Strecke hat mit dem Add-On dann 271 Fahrten und neun Szenarien.
Die Hauptstrecke Hamburg-Lübeck ist noch mit dem alten Beleuchtungssystem ausgestattet, welches mittlerweile durch ein neueres ersetzt wurde. Dies führt leider dazu, dass einige Stellen an der Lokomotive sehr dunkel wirken und einfach nicht stimmig aussehen. Hier wäre ein „Upgrade“ auf das neue Beleuchtungssystem wünschenswert gewesen.
Maintalbahn
Auf der Maintalbahn können insgesamt 19 RB 88-Fahrten mit der DB BR 218 gefahren werden. Dies soll die Zeitperiode zwischen Dezember 2017 und Dezember 2018 darstellen, als die Westfrankenbahn eine wegfallende DB BR 642 ersetzen musste. Eine DB BR 218 wurde zur Verfügung gestellt und fuhr nur auf den Regionalbahn-Fahrten, da in Realität die Regionalexpress-Züge mit Bedarfshalten bestückt sind, die Doppelstockwagen haben allerdings keine Möglichkeit, einen Haltewunsch anzufordern. Deswegen fuhren sie zwangsweise nur auf den Regionalbahn-Fahrten, die sowieso überall halten.
Tutorials
Für die Lokomotive selbst sowie für den Steuerwagen mit dem Dieselfahrpult werden Tutorials mitgeliefert. Sie sind 15 bzw. 10 Minuten lang und klären gut über die Grundlagen der beiden Fahrzeuge auf und zeigen auch genau, wie man beide aufrüstet. Beide Tutorials sind auf dem im Grundspiel mitgelieferten Trainingszentrum angesiedelt.
Die DB BR 218
Die DB BR 218 ist die vierte und letzte Hauptvariante der V160-Lokomotivfamilie der 1960er Jahre. Sie diente bei der Deutschen Bundesbahn als eine universell einsetzbare Güter- als auch Personenzuglokomotive. Heute ist sie nur noch vereinzelt im Nah- sowie Fernverkehr anzutreffen. Auch einige Privatbahnen sind im Besitz einiger Exemplare.
Innenraum
Der Innenraum ist in einem Beigeton mit grünen Akzenten gehalten. Vereinzelt sind Abnutzungsspuren zu sehen. Die Texturen sind sehr scharf und wirken realistisch, genauso wie die Sounds. Das Leistungsrad im Führerstand verfügt über 15 Stufen und es sind drei Bremsventile vorhanden. Der Motorenraum ist leider nicht ganz begehbar, man kann nur bis zu den Führerstandstüren durchgehen.
Die zahlreichen Leuchtmelder und Anzeiger funktionieren gut. Auch an Details wurde nicht gespart: beispielweise lässt sich die Helligkeit des PZB-Leuchtmelders oder die Höhe der Fahrpultlampe links einstellen.
Außenansicht
Das Modell ist sehr gut gelungen. Die Lackierung wirkt sehr stimmig, die Reflexionen sind nicht zu extrem und die Texturen sind allesamt scharf. Am Wagenkasten sind gut texturierte und sinnige Anschriften vorhanden. Auch die Beheimatung passt zur Strecke von Hamburg nach Lübeck. Die Lokomotive selbst ist nicht zu sauber und es sind einige Abnutzungsspuren vorhanden, jedoch sind es nach meinem Geschmack immer noch zu wenige.
Von Außen werden die Scheibenwischer-Animationen leider nicht angezeigt und bei selbst erstellten oder aus dem Creators Club heruntergeladenen Lackierungen werden Wettereffekte fehlerhaft angezeigt.
Geräuschkulisse
Die Sounds wirken allesamt sehr passend und stimmig. Alle Sounds passen gut zur jeweiligen Fahrstufe, jedoch heulen bei aktivierter Zugheizung die Motoren beim Anfahren nicht wirklich auf, wie man es aus dem echten Leben kennt. Im Innenraum ist die Lautstärke der Sounds angemessen. Alle Bedienelemente im Führerstand klingen sehr glaubwürdig.
Fahren
Die Fahrphysik beim Beschleunigen wirkt passend und nicht zu stark, aber auch nicht zu schwach. Die Bremsen hingegen wirken etwas zu stark. Bei schlechten Witterungsverhältnissen drehen die Bremsen gerne schnell durch oder blockieren komplett, deswegen ist Vorsicht beim Bedienen des Bremshebels geboten. Beim Anfahren ist ebenfalls Vorsicht geboten, denn zuerst muss Öl in das Getriebe laufen, indem man den Fahrschalter für wenige Sekunden auf Stufe 2 stellt. Daraufhin leuchtet der Getriebeleuchtmelder auf. Dieser erlischt, sobald der Vorgang abgeschlossen ist. Man kann nun mehr Leistung aufschalten. Beim Abschalten sollte der Motor erst auslaufen, bevor man die Leistung voll abstellt. Alles andere würde dem Motor schaden.
Das Aufrüsten der Lokomotive ist vergleichsweise kompliziert. Dies wird im Tutorial gut erklärt. Bei einer normalen Fahrplanfahrt sind große Teile des Aufrüstvorgangs bereits vom Spiel übernommen worden, ein paar letzte Schritte wie das Aktivieren der Getriebeleistung oder des Bremssystems müssen aber vom Spieler übernommen werden.
Es gibt zwei Gänge. Den „Langsamgang“ mit höherer Zugkraft und niedriger Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h und den „Schnellgang“ mit niedrigerer Zugkraft, dafür aber einer Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h. Letzterer wird für den normalen Passagierbetrieb genutzt.
Bei Belieben können auch die Zugsicherungssysteme PZB 90 und die Sicherheitsfahrschaltung (Sifa) aktiviert werden. Die Schalter zu diesen befinden sich, zugegebenermaßen leicht versteckt, im Führerraum 2 hinter einer Klappe. Alternativ können diese auch mit Shift+Enter und Strg+Enter aktiviert werden. Im zweiten Führerraum befinden sich ebenfalls die Schalter für den Bremsmodus und die PZB-Zugart.
Die Türseite muss erst durch einen Schalter vorgewählt werden, bevor man mit einem Kippschalter die Türen entriegeln bzw. verriegeln kann.
Bnrdzf 463.0 mit Dieselfahrpult & Durchgangswagen Bnr 451.4
Auch ein Steuerwagen wird mitgeliefert. Dieser entstammt der Bauart Bnrdzf 463.0 und ist, im Gegensatz zu den bereits im Train Sim World bekannten, mit einem Dieselfahrpult ausgestattet. Dieser ist, wie der Name bereits sagt, für das Fahren mit einer Schublok mit Dieselantrieb ausgelegt. Die ersten Karlsruher Köpfe, so nennt man die markante Front des Steuerwagens, wurden in den 1970er Jahren eingeführt. Teils wurden auch alte Steuerwagen mit dem kleinen „Hasenkasten“-Führerstand umgebaut, um mit den neueren mithalten zu können. Mit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2016 verschwand der Karlsruher Kopf aus dem regulären Betrieb. Die einzig noch aktiven n-Steuerwagen besitzen den neueren und einheitlicheren Wittenberger Kopf.
Die Bnr 451.4-Durchgangswagen der 2. Klasse werden auch mitgeliefert, diese sind aber optisch identisch zu denen aus Bremen-Oldenburg. Der technische Unterschied besteht darin, dass diese Bnrz-Wagen mit einer Zugsammelschiene sind, während die hier mitgelieferten nur über Achsgeneratoren zur Stromversorgung verfügen. Dies macht für den Spieler aber keinen Unterschied. Hier hätte man auch die von vielen geforderten ABnr-Wagen mit erster Klasse mitliefern können, um ein Komplettpaket der n-Wagen zu bieten. Die Höchstgeschwindigkeit der Wagen beträgt 140 km/h.
Innenraum
Bnrdzf 463.0
Der Führerstand ist sehr ähnlich zu denen mit Fahrpult für den elektrischen Betrieb, bis auf – natürlich – das Fahrpult. Hier ist auch wieder ein Leistungsrad mit 15 Stufen vorhanden sowie einige Leuchtmelder, die für den Betrieb benötigt werden. Auch die Bremshebel für direkte und dynamische Bremsen sowie das Hauptbremsventil sind vorhanden. Der Führerstand selbst ist größtenteils in blau und grau gehalten, einige Holzverkleidungen sind auch verbaut.
Das ehemalige Gepäckabteil ist ebenfalls identisch zu den anderen n-Steuerwagen im Train Sim World. Hier dominiert ein Grünton. Weiter hinten ist auch ein Passagierbereich.
Bnr 451.4
Im Innenraum der Durchgangswagen dominiert ein Hellgrün mit grauen Trennwänden. Das Design des Innenraums entspricht dem OFV-Design, das in insgesamt 2362 Wagen eingebaut wurde. Es war in seiner Zeit jenes, welches man am meisten antreffen konnte. Der Zug wirkt wie neu, was auf den Mangel an Abnutzungsspuren, Dreck, Rost usw. zurückzuführen ist, auch hier wären mehr Spuren solcher Abnutzung wünschenswert gewesen.
Jeder Wagen besitzt zwei Paar Drehfalttüren, die von innen rot lackiert sind. Genau so sind die Wagen aber auch aus den anderen Strecken bekannt.
Außenansicht
Von Außen sind auch hier sämtliche Anschriften vorhanden, so wie man sie kennt. Auch die verkehrsrote Lackierung sieht sehr realistisch aus. An einigen Stellen sehen die Wagen etwas abgenutzt aus. Das Modell ist stimmig. Auch hier ist wieder anzumerken, dass diese Wagen sehr ähnlich/identisch mit den anderen n-Wagen im Train Sim World sind.
Geräuschkulisse
Die Geräusche im Führerstand des Steuerwagens wirken allesamt realistisch. Die Rollsounds außen hingegen wirken auf mich etwas zu hell. Bei den Türsounds fehlt mir das „Rumsen“ beim Zufallen der Türen. Auch beim Öffnen klingt es einfach zu sehr nach „Blechdose“ und zu wenig nach Drehfalttür. Hier hätte man ruhig noch einmal die Sounds überarbeiten können. Die Türen in den Wagenübergängen sowie in den Wagen selbst klingen aber überzeugend. Dennoch werden auch hier die exakt gleichen Sounds wie in den anderen n-Wagen gebraucht.
Fahren
Das Anfahren ist vergleichbar mit dem der DB BR 218. Auch hier sollte erst wieder Öl in das Getriebe laufen bevor man weiter hochschalten kann. Die maximale Fahrstufe ist auch hier die 15. Stufe. Die Bremsen sind sehr empfindlich, weswegen auch hier wieder Vorsicht geboten ist. Das Aufrüsten ist hier mindestens genauso kompliziert wie in der Lokomotive selbst. Die Türen können auch hier mit einem Kippschalter bedient werden, eine Vorwahl der Seite ist nicht nötig.
Die Sicherungssysteme PZB 90 und Sifa kann man direkt im Steuerwagen selbst einschalten. Der Sifa-Schalter befindet sich rechts unter dem Fahrpult, neben dem Notbremshebel. Der Schalter für die PZB hingegen befindet sich über dem Beimannsitz an der Schalttafel. Auch hier können diese aber mit Shift+Enter und Strg+Enter eingeschaltet werden.
Fazit
Gestaltung | 9/10 Punkten |
+ scharfe Texturen
+ gute Modelle + stimmige Anschriften und Lackierungen + vereinzelte Abnutzungsspuren Hinzugefügt: – fehlerhafte Witterungstexturen bei Creators Club-Lackierungen an der DB BR 218 |
|
Geräuschkulisse | 7/10 Punkten |
+ angemessene Motorensounds
+ Lautstärke durchgehend passend + Bedienelemente klingen stimmig – Rollsounds der n-Wagen zu hell – Türsounds der n-Wagen klingen nur bedingt nach Drehfalttür |
|
Fahrphysik | 6/10 Punkten |
+ Beschleunigung wirkt angemessen
+ realistische Formalitäten beim Beschleunigen und Bremsen (bspw. Öleinlassen in das Getriebe) + Langsam- und Schnellgang – Bremsen wirken bei Lokomotive sowie Steuerwagen deutlich zu stark – Bremsen blockieren bei Witterungsverhältnissen zu schnell |
|
Fahrplanfahrten, Tutorials und Szenarien | 8/10 Punkten |
+ insgesamt 48 mitgelieferte Fahrplanfahrten auf zwei Strecken mehr als genug
+ Güter- und Personenverkehr sind fahrbar + auch zusätzlich 17 Fahrten mit einem Steuerwagen (n- oder Dosto-) und DB BR 218 als Schublok + gut verständliche und angemessen lange Tutorials – vier Szenarien nur für Hamburg – Lübeck sind teils ein wenig trist und unterscheiden sich teils kaum von einer Fahrplanfahrt |
Gesamtbewertung: 30/40 Punkten
Alle Bilder, die in diesem Beitrag verwendet wurden, sind Eigenaufnahmen!