ITF für Deutschland - Fluch oder Segen?

  • Hi zusammen,


    sicher haben es schon einige von Euch gelesen. Die Bahn möchte bis 2020 einen ITF (Integraler Taktfahrplan) einrichten - nach dem Vorbild der Schweiz.


    Was sind Eure Meinungen? Kann das System Erfolg haben? Ich bin hier zwiegespalten. Im Internet findet man leider viele Meinungen von frustrierten Menschen, welche sich scheinbar nur eine Stimme machen wollen ohne richtig nachzudenken, was ein Taktfahrplan für Vorteile hat.


    Das beste Beispiel ist folgendes:

    im Moment wird der Regio angehalten, weil er auf einen anderen Zug warten muß, dann wird unterwegs die S-Bahn angehalten, um den verspäteten Regio durchzulassen, so fahren am Ende alle schön verspätet und 5 Min. Verspätung am Zielbahnhof gelten heute als "pünktlich". Ein Notarzt Einsatz blockiert eine Strecke oft für mehrere Stunden. Und ständig gibt es Leitungs- oder Weichenstörungen auch beim schönsten Wetter. Tage an denen ich ohne ein Zwischenfall zur Arbeit hin und zurückfahre sind ausgesprochen rar.

    Selbst wenn es so ist, bietet hier der Taktfahrplan das Potenzial evtl. Streckenverspätungen wieder einzufahren.


    Im Frühjahr war ich in der Schweiz unterwegs und dort ist es so, dass an größeren Bahnhören die Züge zwischen 15-30 sowie 45-60 einfahren und zwischen 00-15 und 30-45 abfahren. Hat also ein solcher Regio Verspätung, könnte er hier durch eben eine kürzere Haltezeit wieder Zeit gutmachen. Das System funktioniert in der Schweiz wirklich wunderbar. Dort haben die IR und IC Züge angelehnt an die Autobahnen die gleiche Nummerierung. Dies ist auch für die Orientierung ein ausgeklügeltes System - seit 2017.


    Derzeit fahren die Züge ja in DE mehr kreuz und quer ein. Alleine wenn ich an Köln denke, was hier gleichzeitig ein und ausfährt... Das grausts es mir.


    Hier muss auf jeden Fall einiges an Manpower her, um das ganze zu organisieren.


    Was sagt Ihr - ist das bei der Fülle an Verbindungen möglich? Wie sieht es mit dem Streckennetz aus? Wird es so gehen, dass Schnell und Regiozüge getrennt fahren und sich Gleise nicht zwingend teilen?


    Quellen:
    https://www.zukunft-mobilitaet…kt-umsetzbarkeit-konzept/
    https://www.focus.de/reisen/ba…en-minute_id_9727371.html


    Ich freue mich auf Eure Meinungen.


    Viele liebe Grüße,
    Roman


    **Edit - Grammatik ausgebessert xD

  • Das Problem sehe ich halt in Deutschland darin, dass die Infrastruktur zu schwach für sowas ist.



    Im Frühjahr war ich in der Schweiz unterwegs und dort ist es so, dass an größeren Bahnhören die Züge zwischen 15-30 sowie 45-60 einfahren und zwischen 00-15 und 30-45 abfahren.

    Das ist an sich eine tolle Sache, und funktioniert auch gut. Das Problem bei dieser Art der Fahrplanplanung ist allerdings, dass diese grossen Bahnhöfe dann auf den Ansturm an Zügen und Personen, die ja alle in dieser Zeit im Bahnhof sind ausgelegt sein müssen. Und in der Zeit wo eben gerade nicht alle Züge (mehr oder weniger) zusammen ankommen ist der Bahnhof fast leer.
    Sieht man in Zürich sehr gut, da ist nix los und es stehen 3-4 Züge im Bahnhof (S-Bahn ausgenommen), und dann auf einmal sind da 10-15 Züge. Das ist sehr kostspielig. In der Schweiz ist das nicht wirklich ein Problem da staatlich subventioniert. In Deutschland, wo die Bahn rentabel sein muss (was meiner Meinung nach gar nicht funktionieren kann), ist das halt nicht so einfach umsetzbar.
    Gerade Bahnhöfe wie Köln und Hamburg würden wohl kaum mit solch einem System zurecht kommen.


    Ist halt schade, aber solange man in Deutschland seitens der Politik nicht mehr für die Eisenbahn tun will, sehe ich da schwarz.

  • Ich kann da @Lemaster121 nur beipflichten.
    Gerade in Hamburg ist das kritisch. Man hat für die Hannoveraner und Bremer schiene (sprich alles was nicht von Osten kommt), gerade einmal 5 Gleise. Züge von Berlin können zwar alle 8 Gleise nutzen, das machts aber auch nicht besser. Damit das alles wirklich funktioniert müsste man das gesamte Netz renovieren und die Bahnhöfe ausbauen/verlegen. Das währe zum einen kostspielig und zum anderen würden manche Bahnhöfe ihre gute Lage verlieren. Ein anderer Punkt ist auch, dass in Deutschland auch andere kleine Bahnhöfe wichtige Umstiegsbahnhöfe darstellen. Die Taktung könnte durch einen IFT wegfallen und damit einige Verbindungen schlechter werden.


    Wichtig ist da in erster Linie den Regio vernünftig auf den im Takt fahrenden FV zu takten. (Es kann nicht sein, dass man, wenn man vom RE 1 (von Osten kommend) in Berlin in einen ICE nach Hamburg will zwangsläufig länger als 60 Minuten warten muss.)


    An sich ist das eine nette Idee, der die Infrastruktur aber noch nicht gewachsen ist. Wichtig ist in meinen Augen ersteinmal der Ausbau verschiedener Trassen, die überlastet sind.


    Hamburg-Celle (drittes und) viertes Gleis, Güterverkehr aus dem Rheintal holen, in dem man eine Gütertrasse NL-CH baut und, und, und...

  • Damit das alles wirklich funktioniert müsste man das gesamte Netz renovieren und die Bahnhöfe ausbauen/verlegen.

    Tja, was willste denn in Bahnhöfen wie Hamburg oder Köln ausbauen, da gibts kein Platz. Die einzige Möglichkeit sind unteriridische Bahnhöfe /Bahnhofsteile, hatte man ja in Zürich auch gemacht. Aber wenn ich mir das Theather um S21 anschaue, und wie lange das bei euch dauert, streich ich den Vorschlag mal ganz schnell wieder.


    Deutschland ist offenbar einfach keine Eisenbahnnation, und dementsprechend agieren auch die Politiker. Ausbau des Rheintales, S21, Zweite Stammstrecke München, etc. irgendwie klappt das einfach nicht vernünftig in Deutschland.

  • Also eure Bedenken in Ehren, aber ihr solltet euch mal näher mit dem genauen Konzept befassen. Klar kann man nicht die 5-10 Strecken die auf Hamburg zulaufen alle in einem Knoten bündeln, aber das ist ja auch gar nicht das Ziel! Gerade in großen Knotenbahnhöfen wie Frankfurt, Hamburg oder brauch man das kaum, weil eh in alle Richtungen alles mögliche fährt. Dort reicht eine gewisse Abstimmungen bestimmter Richtungen, wie zum Beispiel in Hamburg aus Hannover und Bremen nach Lübeck und Kiel. Am Beispiel Frankfurt lässt sich gut zeigen, dass die (bahnsteiggleichen) Korrespondenzen eher nach Fulda und Mannheim verlegt werden und man auch hier keinen Knoten braucht. Das dort zugrunde gelegten Konzept ist schon ein wenig komplexer als einfach nur einen ITF-Knoten aus jedem Bahnhof zu machen.


    Wichtig ist dieses Konzept, weil es zukünftige Infrastrukturmaßnahmen aufzeigt, die für die ITF-Kantenzeiten (30 min, 45 min etc) benötigt werden, sodass nicht in Zukunft einfach drauf losgebaut und dann erst im Anschluss die Fahrplankonzepte entwickelt werden sondern umgekehrt.


    Und auch für den Güterverkehr sind ja konkrete Maßnahmen genannt. Also ich glaube schon, dass es ein zukunftsfähiges Konzept ist, man kann nur hoffen, dass es sich auch halbwegs zügig realisieren lässt...

  • Also meine erste (und einzige) Studie im Verkehrsbereich von 1988 für eine größere Region hat schon damals Taktfahrpläne mit allen Durchrechnungen vorgeschlagen und selbstverständlich auch die Verknüpfung weiterewr Knoten e.t.c. Ohne Frage eignet sich ein kleiners und kompakteres Land wie die Schweiz besser aber es gibt auch andere Länder wo es sehr gut funktioniert. Man kann sich manchmal in diesem Land nur die Augen reiben und den Kopf schütteln. Man versteht's einfach nicht. Diese Regionalabteilungen erinnern mich manchmal an die Länderbahnzeit, die war vor 100 Jahren ... aber die Bahn ist da nicht allein.

  • Der ehemalige Chef der SBB hat mal im Fernsehen sinngemäß auf die Frage, was die SBB von der DB unterscheidet: "Die SBB hat ein Unternehmensziel, dem sich alle Investitionen, alle operativen Maßnahmen unterzuordnen haben: das ist die absolute Pünktlichkeit aller Verkehre." Die SBB hat auch nicht Netz und Betrieb voneinander getrennt. Ich sach nur: jeden Tag mehrere Signal-/Weichenstörungen bei der Berliner S-Bahn. Das verlockende am ITF sind tatsächlich die Pufferzeiten. Aber ich denke, da muss die Bahn auch einges für investieren: Loks und Wagen, Netz. Die Nadelöhre sind ja schon genannt worden. Was soll denn da für ein Takt durch solche Metropolen-Bahnhöfchen wie Hamburg Hbf oder S21. In Stuttgart hätte man mit viel weniger Geld Taktfahrplan im Kopfbahnhof machen können. Aber den hat man ja begraben. Den Fahrplan umzuschreiben, wird nicht die Lösung für die Probleme sein, die die DB hat. Ich glaub, das wird ein lustiges Chaos. *lok*


    Winke, jan

  • Folgendes Zitat stammt aus der Schlichtung zu S21:


    Stuttgart 21 ist mit 8 Bahnsteiggleisen nicht in der Lage, einen Vollknoten im Integralen Taktfahrplan (ITF) zu ermöglichen. Dafür wären 14 Bahnsteiggleise notwendig, so dass dieses Ziel nur mit den 16 Bahnsteiggleisen des bestehenden Kopfbahnhofs realisierbar ist. Das Ziel des Deutschlandtakts wird durch Stuttgart 21 damit deutlich behindert.


    Soweit zu diesem Thema.







    Quelle: WikiReal

  • Die SBB hat auch nicht Netz und Betrieb voneinander ggetrennt

    Das können sie auch nur deshalb, weil sie nicht Teil der EU sind, eine Trennung von Infrastruktur und Betrieb vorschreibt.

  • @hgreis99


    Wie schon oben erläutert: In den großen Knotenbahnhöfen machen ITF-Knoten auch weniger Sinn. Auf den Hauptrelationen sollen die ICEs ja eh im Halbstundentakt fahren und daher mehrere etwas verteilte Knoten geben, sodass man trotzdem von fast allen Richtungen in fast alle Richtungen kommt. Die dann nicht angebotenen Direktumstiege werden dann meist auf anderem Wege abgedeckt sodass es nur auf sehr sehr wenigen Relationen tatsächlich dazu kommt, dass man mal ein halbe Stunde warten muss - was aber m.M. auf einer langen Reise auch verschmerzbar wäre.

  • Ich habe damit auch gar nicht auf Vor und Nachteile eingehen wollen. Ich habe damit sagen wollen, dass man Netz und Betrieb nicht aus Jux und Dollerei getrennt hat.

  • Und was soll diese Vorschrift für Vorteile haben? Meiner Meinung nach völliger Schwachsinn.

    Der Punkt ist das die EU denkt dadurch enstehe Wettbewerb, sie empfände es als ungerecht wenn nicht alle Unternehmen die gleichen Chancen haben. Das Problem ist nur das diese Ausschreibungsverordnung auch vorschreibt das man immer daa billigste Angebot nehmen muss. Das ist noch der größere Quatsch.