Musik durch Strom/Elektrizität?

  • Hallo,


    dass Lokomotiven/Triebwagen Geräusche machen, sollte jedem Eisenbahner mal aufgefallen sein. Ich habe immer so das Gefühl, dass, wenn ich mit anderen unterweg bin, ich der einzige bin, der die Geräusche von den Zügen wirklich wahrnimmt. Die anderen scheint das gar nicht zu interessieren. Neulich durfte ich allerdings doch erfahren, dass einer (mir unbekannt) am Bahnhof in Berlin hellhörig geworden ist, als der Taurus sein Konzert gestartet hat. Er hat seine Freunde dann gefragt, ob die Lok eben eine Tonleiter gespielt hätte :D
    Ich frage mich immer wieder wie diese Töne entstehen. Macht Strom immer Musik? Wäre es quasi möglich, Adventure Of A Lifetime, zumindest den Sound nachzuspielen, mit Strom? :D


    Viele Grüße

  • Die Töne entstehen durch Schwingungen der Stromrichtertaktung (bei IGBT-Stromrichtern um 1000 Hz, bei GTO Umrichtern um die 500 Hz) im Fahrmotor. Normalerweise ist das ein Summen oder Kreischen (ähnlich einer Kreissäge oder bei der BR101) Man kann durch ein spezielles Pulsmuster fast beliebige Töne erzeugen. Und bei den 1016 und 1116 hat man diese unvermeidbaren Geräusche benützt um sie eben ein bisschen zu gestalten. Die ersten paar Loks der Serie 1x16 ausser 1216 spielten durchaus Lieder. Diese wurden aber durch Softwareupdates dann einheitlich zu der bekannten Tonleiter.


    Lg Roland

    LG, Roland


    *hinweis* Wer später bremst, bleibt länger schnell! *achtung*

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  • Ja, dass da etwas, was sich Umrichter nennt, dran beteiligt ist, liest man oft ^^ Dieser sorgt denke ich dafür, dass solche Tonänderungen, wie sie beim Taurus oder bei der ET425 vorkommen, durchgeführt werden. Bei Straßenbahnen ist auch immer so ein leichter fiepsen wahrzunehmen. Also relativ hoch, der Ton verändert sich nicht.


    Den Ton der Stadler KISS-Triebzüge kenne ich nun nicht genau. Ich rätsel aber einfach mal. Es ist auch dort ein fiepsen beim Anfahren zu hören. Sind ein paar km/h angefahren, kommt meine ich ein tiefer(-er) Ton. Das fiepsen bleibt. Der steigert sich bis zu einer bestimmten Geschwindigkeit. Vielleicht 40 km/h. Dann ist der eben erwähnte Ton abhängig von der Geschwindigkeit von tief auf hoch gegangen. Bei 40 wechselt er dann wieder auf einen tiefen. Das, also dass immer wieder Töne von tief nach hoch summen, setzt sich bis zur vMax fort. Bei Lokomotiven (BR182) kommt die Tonleiter, bei 35 ein aufsteigender Ton, bei 40 ein tieferer Ton. Dieser tiefere Ton steigt nun bis zur vMax auf. Bei 230/240 ist er sehr hoch. Hier findet also kein Wechsel dieses Tones statt. Wenn die Lok auf 500 beschleunigen würde, wäre der Ton extrem hoch, nicht?


    Kennt sich jemand mit diesen Tönen aus? Der obrige Absatz ist ein bisschen Geschwafele, ich weiß ^^


    Edit: Danke Roland. Der Ton der BR101 ist mit der S-Bahn-Hamburg (BR474) und der BR146 vergleichbar. Nur vergleichbar. Nicht exakt genau. Ich mag den Ton auch sehr gerne. Er ist nicht zu laut und stört mich persönlich nicht. Ziemlich gut gestaltet, natürlich auch bei der 1116/1216 :D

  • Das Prinzip ist, dass die Drehzahl des Motors (Asynchron-Motor) nicht wie früher über eine Spannungsveränderung, sondern über die Frequenz des Stromes geregelt wird, niedrige Frequenz langsam, --> höhe Frequenz schneller.
    Dafür ist der Umrichter zuständig, der das entsprechend Fahrregler anpasst.
    Diese Frequenzen liegen im hörbaren Bereich, daher die Tonleiter.
    StS

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  • Ich vergleiche das mit einer Schaltung, ähnlich wie bei einem Auto. Ich rede da jetzt von den Triebwagen. Da ist nicht, anders wie bei den Lokomotiven, ein aufsteigender Ton zu hören, sondern gleich mehrere. Als Triebwagen-Paradebeispiel kann man da den Talent 2 nehmen.


    Anfahrt

    Code
    https://www.youtube.com/watch?v=ca9Oed2gdAo#t=5m00s




    Es folgt eine ganze Weile der erste Ton, der halt höher wird. Bei

    Code
    https://www.youtube.com/watch?v=ca9Oed2gdAo#t=6m20s


    ungefährt spielt sich der tiefere ein ^^


    Eine Frage diesbezüglich noch: Soll das wirklich so eine Art Gangschaltung sein, die ja, wenn man danach geht, dass eine niedrige Frequenz eine langsame Fahrt oder vielleicht eine "langsame Drehzahl eines Motors" bedeutet, immer dafür sorgt, dass der Ton oder die Drehzahl nicht zu hoch wird? Ich kenne das Innenleben eines Triebwagens nicht. Deshalb sage ich einfach mal "Drehzahl des Motors" und setze das munter in Anführungszeichen.

  • Nix Gangschaltung, das geht im Prinzip stufenlos, Jede Frequenzerhöhung erhöht die Drehzahl. Nur um die Töne für den Menschen erträglich zu machen, wird mit der Software getrickst. So kommt, dass da mehr oder weniger eine Melodie zu hören ist. Wichtig ist dabei, das es weder beim Anfahren ruckelt, noch das die Räder je nach Gleisbeschaffenheit, Zugbeladung ... durchdrehen.
    Das ist extrem Komplex, so kann auch sein, dass Vorzugsfrequenzen geschaltet werden und der Eindruck einer Stufenschaltung /Tonleiter entsteht.
    StS

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  • Vermutlich Einzelachsantrieb mit je einem Umrichter, da trifft dann das mit den Saxophonneulingen zu.
    Hat aber den Vorteil, das die einzelnen Motoren/Umrichter ...kleiner sein können, da die komplette Zugantriebsleistung auf alle Motoren /Räder verteilt werden.
    Das spart Baukosten und Energie, sowie Radverschleiss, da hier weniger Kraft übertragen werden muss. Solange die Geräusche im Wagon nicht stören wärs OK.
    StS

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  • Nee, nee, das "Kreischen" hat nichts mit der Motorsteuerung zu tun. Das entsteht beim Fahren am Reibwert. Die Räder werden durch die Steuerung immer am gerade "Durchdrehen" gehalten, damit habe ich die höchste Zugkraft am Rad/Schiene-Punkt. Das erzeugt das "Kreischen".


    Gruß Bernd

    System: HP Z800, 2 x Xeon 5550 2,66 Ghz, 12 GB RAM, Nvidia Quadro 4000

    Einmal editiert, zuletzt von bernd_NdeM ()

  • @bernd_NdeM und woher soll dann das Geräusch kommen? Kann ein Reibwert geräusche machen? Wusste ich noch gar nicht. Man lernt dazu :thumbsup:


    :Ironie:


    Nachtrag: glaub mir, wenn das Geräusch von den Rädern kommen würde, dann klingt das anders als das Kreischen der 101 oder vom 423,...

    LG, Roland


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  • @bernd_NdeM & @Roland,


    nun werft ihr aber das "Singen" der Umrichter und das "Kreischen" der Schlupfregelung durcheinander :ugly:


    Ersteres kommt daher dass diese Asynchron-Motoren mit Drehstrom betrieben werden dessen Frequenz immer passend zur (Soll-)Drehzahl erzeugt wird.
    Hierbei tritt das Singen auf, da diese Frequenzen im Hörbaren Frequenzspektrum sind. "Singen" an sich tun hier die Umrichter (die machen aus Gleichstrom Drehstrom).
    Ein ähnlicher Effekt ist im Bereich der Grafikkarten als "Spulen-Kreischen" bekannt, er tritt auf wenn Grafikkarten sehr hohe Framerate berechnen (fps > 800).


    Beim "Kreischen" dreht das Rad kurzzeitig durch (bis die Regelung reagiert).


    Gruß Stefan

  • Dann würde der neue ICE aber ständig durchdrehen. Dies wäre aber auch eine ingenieurmäßige Fehlleistung, da ich am 23.12. in Augsburg folgendes feststellte:
    - Schienen waren trocken, also Reibung maximal
    - alle 4 neuen ICE die ich sah kreischen
    - alle 4 neuen ICE kreischten über mehr als die 30 Sekunden, die sie brauchten bis sie verschwunden waren.

  • das Kreischen liegt ja nicht an den ggf. nassen Schienen, sondern dass das Rad an der Reibwert-Grenze betrieben wird, um die Beschleunigung des Zuges zu maximieren.
    Nasse Schienen verschieben nur diese Grenze, ändern aber nicht das Verhalten der Regelung.


    Verhalten der Regelung:

    • Drehmoment wird auf Motor gegeben
    • Drehmoment überschreitet Reibwert-Grenze
    • Regelung reduziert Drehmoment unter Reibwert,
    • sobald das Rad nicht mehr durchdreht erhöht die Regelung das Drehmoment wieder
    • Gehe zu 1. :ugly:

    Dieser ganze Vorgang läuft im (Milli-)Sekunden-Takt ab, daher kommt es zum Kreischen, somit kann man
    eigentlich fast Sagen dass das Kreischen für mehr Beschleunigung in Kauf genommen wird,
    schließlich soll der Zug möglichst schnell auf seine Soll-Geschwindigkeit gebracht werden.