[FAZ] Lokführer im Portät: "RB15607 meldet Personenschaden"

  • Ich bin bei der Feuerwehr, und trotz meines Jungen alters von 18 Jahren, habe ich schon viel gesehen, ich komme immer dann, wenn "es schon passiert ist" aber selbst dann ist es nicht einfach den Rettungsdienst beim "Eintüten" zu helfen, ich weiß noch, dass ich nach meinem ersten Tödlichen VU mich hinter der Leitplanke mit abgesetztem Helm und erbrochenem vor mir wieder fand, ich kann und will mir nicht vorstellen, wie es ist, in einem Führerstand zu sitzen und auf das Unglück hin zu rutschen, ohne eine Chance zu haben es zu verhindern. Ich habe auch 2 Wochen gebraucht, bis ich wieder dad Feuerwehrhaus betreten konnte, aber soetwas mit 16 sehen zu müssen ist auch etwas, was nicht alltäglich ist, aber, auf Grund der Hilfe meiner Freude und Kollegen bei der Feuerwehr bin ich wieder zurück in meinen HAIX. Wenn der Zusammenhalt zwischen TF´s nur ansatzweise so groß ist, wie zwischen Kameraden und Kameradinnen der Feuerwehr, dann kann man alles schaffen, aber man brauch Hilfe, ich war auch damals bei den Notfallseelsorgern, ich habe mir helfen lassen, es ist immer FALSCH den starken zu spielen, der Schuss geht IMMER nach hinten los.


    mfg


    FabiaLP

  • Der Tf ist in diesem Fall Einzelkämpfer, Teams gibt es dadurch bis auf Gespräche im Pausenraum oder bei Dienstbeginn (so er diese sucht) nicht wirklich. Es gibt aber sehr gute Betreuungskonzepte mit speziell geschulten Mitarbeitern und Angeboten zur fachkundig betreuten Aufbereitung & Nachsorge bei traumatischen Ereignissen. Alle Angebote sind für den Mitarbeiter bis auf die Erstbetreuung nach dem Ereignis auf freiwilliger Basis & diskret und vertraulich. Die Erstbetreuung sieht eine lückenlose Kette vom Melden des Ereignisses bis zum Eintreffen der Rettungskräfte, und dann weiter bis zur betreuten Heimfahrt (der Dienst darf nicht fortgesetzt werden) und Übergabe an die Familie, Verwandte oder Bekannte / Vorstellen beim Durchgangsarzt vor, also ggf. auch eine Dauerbetreuung per Funk / Telefon in den ersten Minuten, bis Rettungskräfte (intern & extern) eintreffen.


    Es wird schon viel für den Mitarbeiter getan, was man ihm aber nicht nehmen kann, ist das Ereignis selber und die eigene Verarbeitung. Man bietet viele Hilfs,- und Unterstützungsmöglichkeiten an, ob sie angenommen werden, liegt im Ermessen des Mitarbeiters.

  • Ich gehe mal davon aus, dass nicht viele hier schonmal einen bzw. mehrere tote Menschen aus nächster Nähe gesehen haben. Durch mein Studium war mir dies im Anatomie- und Physiologiekurs möglich und es hat mir rein wissenschaftlich nichts ausgemacht. Andere kamen mit dem Anblick nicht zurecht und auch der Professor, der das ganze betreute, erzählte einige heikle Geschichten von Leichenbeschauungen (auch bei Kindern, da merkte man ihm an, dass er das als Vater gar nicht toll findet).


    Psychisch hat es mich schon mitgenommen, dass ich dann zu Lernzwecken Organe fremder Menschen in den Händen hielt bzw. an einem toten Körper mit dem Beizettel "Hans K." (Name von mir erfunden) einen Situs demonstriert bekam. Es ist halt eben nicht nur ein Anschauungsobjekt, sondern auch ein Mensch, oder war ein Mensch und genauso muss man ihn auch behandeln. Und sei es nur in den eigenen Gedanken.


    Es hat mich wie gesagt nicht angewidert, aber natürlich sehr zum Nachdenken angeregt und zur Reflektion auf die Gesellschaft. Könnte ich im Führerstand hinschauen, oder würde ich mich wegdrehen? Wie würde mich das ganze erfassen? Es ist psychisch und gerade ethisch eine sehr sehr heikle Sache, gerade auch für den Lokführer. Wie fühlen sich die Rettungskräfte, wenn sie im wahrsten Sinne des Wortes die Einzelteile wieder einsammeln? Wie fühlen sich die Angehörigen vom Opfer? Viele Lokführer kommen damit nicht klar und das kann ich sehr gut verstehen. Lebende und Tote zu sehen, das ist für mich keine einfache Sache. Aber den Prozess des Sterbens mitzuerleben und dies dann auf solch eine grausame Art und Weise. Ich kann es mir aufgrund meiner oben geschilderten Erfahrungen nur als äußerst schrecklich vorstellen und könnte nicht hinsehen. Fahrzeug absichern und Flucht ergreifen wäre da meine Reaktion.


    Diskussionen darüber sind natürlich möglich, aber ich halte auch solche Aussagen, die den etwaigen Selbstmörder oder das Opfer als "Idioten" hinstellen als völlig deplatziert. Natürlich verursacht derjenige absichtlich oder auch unabsichtlich Leid bei anderen Menschen, aber man darf nie vergessen, dass auch er ein Mensch ist. Und im Grunde genommen sind wir alle nur Menschen, egal wie stolz oder abgeschlossen wir nach Außen auftreten. Das sollten sich einige bei dieser und bei der Diskussion über den Germanwings-Flug mal gehörig durch den Kopf gehen lassen, bevor sie hier wieder mit erleuchtenden Beiträgen zuschlagen.


    Ganz wichtig ist hier auch die Seelsorge, wie die Vorredner hier schon angeschnitten. Man muss das Leid nie alleine durchstehen!

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  • Hallo zusammen, es ist zwar schrecklich für den Tf aber ich denke mal das er das zu 99% auch nicht verhinder hätte können. Genauso schlimm ist es aber auch für das Personal was dann den " sauhaufen " zu beseitigen hat, ich kenne es nur von Erzählungen meines Vaters der bei uns auf der Strecke Treysa Marburg zum Bereitschaftsdinst geholt wurde um die Strecke nach Leicheteilen abzusuchen. Er kam dann auch immer sehr erschüttert nach Hause. Also ich laufe schon immer weg wenn sich einer bei uns in der Firma in den Finger schneitet aber ich stelle mir das schrecklich vor wenn ich dann auch noch nach Körperteilen suchen müssste. Was ich aber noch viel schrecklicher finde ist wenn mann mit ansehen muss das der Arbeitskolege auf dem DVT steht bzw. ausrutscht und an die falsche Fahrleitung kommt und mann ihm nicht helfen kann weil mann sich selbst gefährdet.